Der Spielkartenmacher

Stich: Besucher in der Kartenmaler-Werkstatt umgeben von Arbeitsszenen in Vignette - 1841

Der   Spielkartenmacher   entwirft, gestaltet und fertigt Spielkarten an.
Ursprünglich waren sie Hersteller und Vervielfältiger von teils handkolorierten Blättern mit Darstellungen aus der Bibel.
Die frühesten Spielkarten wurden einzeln auf Täfelchen oder Pergament von Hand gemalt.

Ihren Ursprung haben die Spielkarten in Ostasien,
wo die Herstellung von Kartonplättchen früher als in Europa einsetzte.
In China wurden bedruckte Papierblättchen (die anfänglich ebenfalls
v.a. religiösen Zwecken dienten) bereits vor Christi Geburt hergestellt.
Von China aus gelangten Spielkarten nach Indien, Persien sowie in die arabischen Länder
und um die Mitte des 13. Jahrhunderts von dort aus schließlich auch nach Europa, wo sie zuerst
in Italien und Frankreich, v.a. von Paris aus, bekannt wurden. Im deutschsprachigen Raum sind mittelalterliche Kartenmacher-Innungen aus Nürnberg, Augsburg, Ulm und Straßburg bekannt
und in Österreich war Wien ein früher Ausgangspunkt der Spielkartenherstellung.

Spielkartenmacher hatten keine eigene Zunft;
für gewöhnlich traten sie einer Kramer- oder Schreinerzunft bei.


Berufsbezeichnungen

Spielkartenmacher,   Spielkartenmaler,   Kartenmacher,   Kartenmaler*

in anderen Sprachen
Dänisch:kortspilsmakers
Englisch:maker of playing cards, playing card maker
Französisch:fabricant des cartes à jouer, cartier (veraltet)
Italienisch:produttore di carte da gioco
Niederländisch:speelkaartenmaker
Polnisch:producentem kart do gry
Portugiesisch:fabricante de cartas de jogar
Russisch:производитель игральных карт
Schwedisch:tillverkare av spelkort
Spanisch:fabricante de naipes
Tschechisch:výrobcem hracích karet
Türkisch:iskambil üreticisi
Ungarisch:játékkártya-gyártóval kapcsolatos

verwandte Berufe:   Briefmaler,  Formschneider,  Kunstmaler

* Als Kartenmaler bezeichnete man anfangs auch Personen, die sich mit der Herstellung von Landkarten befassten
– zur besseren Differenzierung nannte man diese späterhin Kartenzeichner oder Kartografen.


Von den älteren Spielkarten sind vor allem handgemalte erhalten; diese waren ein dem Adel vorbehaltener Luxusartikel. Da diese Karten besonders kostbar waren, wurden sie auch eher aufbewahrt.
Eines der ältesten europäischen Spiele ist das vom Oberrhein stammende ‚Stuttgarter Kartenspiel‘ mit auf Goldgrund gemalten Jagdszenen der Hofgesellschaft. Es zeigt als vier „Farben“ Ente, Falke, Hund und Hirsch.

Die Verbreitung von Spielkarten in der breiteren Masse erfolgte erst nach Einführung der Holzschnitttechnik, die eine preiswerte Serienproduktion ermöglichte.

Wahrscheinlich war die Suche nach einer einfachen Verviefältigungsmöglichkeit
von Spielkarten die Initialzündung zur Entwicklung des Holzschnittes überhaupt.

Das so genannte ‚Hofämterspiel‘, das um 1450 in Wien entstand, ist das älteste gedruckte und nachträglich kolorierte Kartenspiel, das bis heute erhalten geblieben ist. Als vier „Farben“ fungierten die Länderwappen von Böhmen, Deutschland, Frankreich und Ungarn.

Das ‚Hofämterspiel


Die ältetste vollständig erhaltene deutschen Spielkarte

Durch einen glücklichen Zufall fiel mir 1889 ein alter Sammelband in die Hände, in dem sich neben verschiedenen Handschriften niederdeutscher Minnelieder und einigen Frühdrucken auch ein acht Blätter umfassendes gänzlich undatiertes Heftchen befand, auf dessen zweiter Seite unter einem kräftigen Holzschnitt die vier Druckzeilen stehen: »Eyn loßbuch auß der karten gemacht Und alleyn durch kurtzweil erdacht wer aber zu glauben sich daran wolt keren Das selbig liecß sich vnrecht leren«.
Auf den folgenden sechs Blättern steht neben jedem achtzeiligen Schicksalsverse (deren je vier auf einer Seite) der zierliche, aber scharfe Holzschnitt eines Kartenbildes, so daß insgesamt 48 Spielkarten dargestellt sind d.h., da damals die Zehn fortfiel, ein vollständiges Spiel der deutschen Karten!
[…] Die „Farben“ dieser Karten haben – und dies ist für ihre Wertung von Wichtigkeit – folgende Reihenfolge: Herzen (coeur), Schellen (carreau), Eichel (trèfle) und Laub oder Grün (pique); die Bilder bestehen aus: König, Obermann, Untermann und Banner, die Zahlenkarten jedoch in: Neun, Acht, Sieben, Sechs, Fünf, Vier, Drei, Zwei, also insgesamt 48 (statt heute 52) Blatt! Es fehlt […] die Zehn, welche, wie noch jetzt in der Schweizer Karte, durch das „Banner“ vertreten wird; auch das As oder Daus fehlt. Anzunehmen ist jedoch, daß das Banner ursprünglich das Daus ersetzte […]


Anzeige


Was nun Entstehungszeit und Herkunft der zierlichen Holzschnitte […] betrifft, so deuten Gewandung, wie besonders die Schnabelschuhe, darauf hin, daß die Zeichnungen spätestens zu Beginn des letzten Drittels des 15. Jahrhunderts entstanden sind, denn Konrad Stolle berichtet in seiner Erfurtischen Chronik: »M CCCC LXXX do vergingen dy langen snebele an den schuen; dar noch komen dy breyten scho, als dy kuemuler mit vberslegen«. 
Die Kartenbilder und Kartenzahlen zeigen deutlich die Formen der Spätgotik, sind flott gezeichnet und lassen erkennen, daß es dem Formschneider nicht an Humor und lebensvoller Darstellungsweise fehlte. Der auf dem Gebiete der frühen Holzschnittkunde und besonders in der Geschichte der Ulmer Formschneider bewanderte Dr. Erwin Rosenthal (München) sieht, nach mir gewordener freundlichen Mitteilung, in dem Meister der Ulmer Aesopausgabe ohne Zweifel auch den Schöpfer der Kartenholzschnitte dieses Loßbuchs.

[Erwin Volckmann ‚Alte Gewerbe und Gewerbegassen‘ – 1921]


Holzschnitt-Spielkarten aus dem 15. bis 17. Jahrhundert


Spielkartenmacher bei der Arbeit









Der Kartenmacher
Zum Schellen-König macht die Welt, wen sie anlacht.
________________________________________________
Was will die Ehrfurcht doch erwarten
für einen Sieg, auff ihren Streit?
Die Ehre bleibt ein Spiel der Zeit,
Der Tod vermischet diese Karten,
und läst, nach eitlen Vorzugs-Kriege,
den Unter bey dem Ober ligen.

Im Gegensatz zur heutigen, industriellen, maschinellen und comptergesteuerten Herstellung von Millionenauflagen von Spielkarten war die Kartenmacherei im 18. Jahrhundert (und in kleineren Orten noch weit hinein ins 19. Jahrhundert) echte Handarbeit. […]
Eine Spielkarte bestand prinzipiell aus drei Papierblättern, welche übereinander geklebt wurden: dem Vorderbogen (Vorderblatt), auf welchen die Figuren und Zeichen gedruckt waren, dem Mittelbogen (Mittelblatt), welcher die Karte stärker und steifer machte, und dem Hinterbogen (Hinterblatt), welcher meist mit einem graphischen Muster bedruckt war. Die Arbeit des Kartenmachers begann mit dem Sortieren und Reinigen der Papiere, dem Naßmachen, Pressen und Glätten und schließlich dem Bedrucken der Vorder- und Hinterbögen. Für die „feinen“ Karten wurden dazu gestochene Kupferplatten verwendet, für die „ordinairen“ (und damit auch viel billigeren) Karten geschnittene Holzmodeln. Anschließend wurden die drei Bögen (Blätter) zusammengekleistert (cachiert), gepreßt und getrocknet.
Nun begann das Ausmalen der Kartenbögen mit Hilfe sogenannter Patronen (Schablonen). Zum Bemalen der französischen Piquetkarten benötigte man z.B. fünf verschiedene Patronen, also fünf aufeinanderfolgende Arbeitsgänge für einen Bogen. Waren die Farben trocken, wurden die Bögen mit einem Glättestein auf einer polierten Marmorplatte geglättet (planiert). Anschließend mußten die Bögen bzw. die Streifen mit großen, teilweise am Schneidetisch fixierten Schneidescheren in gleichgroße Kartenblätter zerschnitten werden. Diesem Arbeitsgang folgte dann das Sortieren (das Stempeln!) und schließlich das Verpacken in einen bedruckten, mit dem Preis und der Jahreszahl versehenen Umschlag. Nun erst war die Ware verkaufs- bzw. versandfertig.

Beispiel für ein mit Schablonen koloriertes Kartenspiel – ‚Stralsunder Kartenspiel‘ [v.d. Osten] – 1855

In den kleinen Handwerksbetrieben wurde der Verkauf vom Meister oder der Meisterin selbst durchgeführt. Aus den graphischen Darstellungen und den Archivalien ist aber auch klar ersichtlich, daß z.B. das Bemalen, das Schneiden und das Sortieren fast immer Lehrjungen-, Frauen- und Kinderarbeit gewesen ist. Das Drucken, Kleben und Pressen und vor allem das Glätten war mit großer körperlicher Anstrengung verbunden und lag daher in den Händen der Meister und Gesellen. Um aber eine Kartenherstellung überhaupt rationell betreiben zu können, waren mindestens fünf Personen notwendig. Kinder, Mägde, Hausknechte, Tagwerker und Gehilfen ergänzten bei Bedarf diese Minimalbesetzung. Außer einer großen Kartenmalerwerkstätte benötigte ein Meister noch eine Reihe von Lagerräumen für die Papiere, die Patronen, Farben, Kleister, Druckplatten, Holzmodeln, Werkzeuge und die „Lagerware“, welche in Kästen und Körben aufbewahrt wurde. Aus vielen Gründen mußte immer wieder „auf Lager“ gearbeitet werden, wobei natürlich jedesmal das Risiko bestand, daß ein Meister aufgrund eines plötzlichen Verbots oder einer Modeänderung auf seinem Lager sitzengeblieben ist.

[Günther G. Bauer ‚Die Salzburger Spielkartenmaler des 18. und frühen 19. Jahrhunderts‘]

Beispiel für ein Kartenspiel im Mehrfarbendruck – ‚Wiener Kartenspiel‘ [Piantik] – um 1900

Werkzeuge & Utensilien der Spielkartenmacher


Das Material der Spielkarten

Spielkarten wurden in Europa üblicherweise seit jeher auf Papier bzw. Karton gedruckt. Ihre Geschichte ist deshalb eng mit der Entwicklung des Papiers verbunden. […] Um die Abnutzung der Spielkarten zu verringern, versah man sie ab etwa 1885 auf Vorder- und Rückseite mit einem Zelluloid-Überzug.

Spielkarten aus anderen Materialien

Später versuchte man dann, die Karten selbst aus Zelluloid zu fertigen. Es gelang nämlich einem Chemiker der Firma Boehringer in Mannheim, den für die Herstellung dieses Kunststoffs erforderlichen Kampfer synthetisch und damit wesentlich preiswerter als bisher zu erzeugen. Hauptabnehmer des synthetischen Zelluloids war Dr. Bronne in Wien, der ein Patent für Zelluloid-Spielkarten angemeldet und die Firma „REOREX“ gegründet hatte. Diese Firma ließ Spielkarten aus Zelluloid in Nürnberg und Wien drucken. […] Da Zelluloid leicht in Brand gerät und sich die Karten verbiegen, entsprach der Verkaufserfolg nicht den Erwartungen und die Firma REOREX wurde 1932 aufgelöst.

Um 1930 stellte auch die Firma „Elbemühl“ in Wien Spielkarten aus Zelluloid her – diese bekamen die Bezeichnung „MIRAKEL“, was später zum Firmennamen wurde. […] Etwa 1934 wurde die Spielkartenfabrik „MIRAKEL“ nach Leipzig verlegt, wo Zelluloid-Spielkarten, u.a. auch mit sächsischem Bild gedruckt wurden. Da der Firmeninhaber Richard Heller* Jude war, ging er mit seinem Unternehmen 1936 nach Prag, wo man die Firma „MIRACLE“ nannte und in erster Linie Zelluloid-Spielkarten mit den in der Tschechoslowakei üblichen österreichischen Kartenbildern herstellte.
[ in memoriam * Richard Heller wurde 1941 in ein KZ deportiert und starb in der Gaskammer.]

Die Entwicklung von Plastikmaterial führte später dazu, dass immer mal wieder „Vollplastik“-Karten produziert wurden. Doch auch dünne Metallbleche kamen gelegentlich zur Anwendung; so druckte bereits 1901 ein Aluminium-Werk in den USA die rechts abgebildete Spielkarte auf Aluminium. Um 1935 kam dann die Wiener Firma Häusermann ebenfalls auf die Idee, Aluminium-Spielkarten herzustellen.
Stahlblech dagegen verwendete die amerikanische Firma Regal & Wade
für ein Kartenspiel, das sie 1972 herausbrachte.

[Franz Braun ‚Spielkarten aus besonderem Material‘ – 2012]


Spielkartendecks

Spielkartenpakete gibt es in vielen Designs und Zusammenstellungen.

Die Klassiker sind:

  • Rommé – Bridge – Canasta
  • Skat
  • Doppelkopf
  • Patience
  • Tarot

Kartendecks für Glücksspiele sind:

  • Poker
  • Whist
  • Baccara
  • Jass
  • Durak

Im 20. Jahrhundert kamen zunehmend Kartenspiele für Kinder hinzu – sehr beliebt war bspw. das sog. Schwarze-Peter-Spiel

Kartenspiel ‚Schwarzer Peter‘ [Otto Pech] – 1920

desweiteren Quartettspiele mit verschiedensten Motiven, Wissens- und Spaßkartenspiele, Gedächtnisspiele wie ‚Memory‘ usw.


Anzeige


Moderne Spielkartenfabrikation

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden


Dies & das

• Kartenspielverbote

Die rapide Ausbreitung des Kartenspiels, seine Verbindung mit Geldeinsätzen und eine damit einhergehende Zunahme von Spielschulden riefen alsbald städtische Obrigkeiten hervor, die oft mit einschränkenden Spielordnungen und auch Verboten reagierten. Ein Berner Kartenspiel-Verbot von 1367 wird von einigen Forschern als früheste Erwähnung von Spielkarten in Europa überhaupt ins Feld geführt, wobei der etwaige Beleg angezweifelt wird. Allgemein anerkannt ist erst ein Florentiner Verbot von 1377.

Besonders fanatische Mönche ließen neben anderem, als verwerflich geltendem Tand auch Spielkarten auf Scheiterhaufen verbrennen – unter ihnen: Bernhardin von Siena (1380–1444), Johannes Capistranus (1386–1456) und Girolamo Savonarola (1452–1498).

Die Unterdrückung des Spiels war von Ort zu Ort und auch von Zeit zu Zeit verschieden und nahm mit der Zeit ab. Soweit aus Dokumente bekannt, gab es in Deutschland und Frankreich weniger Verbote gab als in Italien.


• Die Spielkartensteuer

In verschiedenen Ländern wurden Spielkarten schon bald nach der Einführung steuerpflichtig und wurden daher von dem Landesherrn, der die Steuer einzog, bzw. seinen Beauftragten gestempelt. In Frankreich beispielsweise wurde diese Steuer seit 1583 erhoben. Der Spielkartenhersteller druckte auf einer festgelegten Karte auf die Vorderseite einen kleinen weißen Kreis, auf der dann der Steuerbeamte seinen Stempel setzte. Danach durften die Karten verkauft werden. Die Steuer war ein wesentlicher Anteil des Verkaufspreises.
In Deutschland war die Erhebung von Spielkartensteuern bis 1879 Sache der Bundesstaaten. Zum 1. Januar 1879 traten reichsweit einheitliche Steuersätze in Kraft. Für Kartenspiele bis 36 Blatt wurde eine Steuer von 30 Pfennig, für Spiele mit mehr Karten von 60 Pfennig erhoben. Zum 1. November 1919 wurden die Steuersätze deutlich erhöht. Sie betrugen jetzt für Blätter bis 24 Karten eine Mark, für Blätter bis 48 Karten zwei Mark und für größere Blätter drei Mark. Die Deutsche Inflation 1914 bis 1923 führte auch zu einem Anstieg der Spielkartensteuer. In der Spitze betrug der Steuersatz 26 Millionen Mark pro Blatt. Entsprechend wurden die Stempel nun ohne Angabe des Wertes angebracht. Nach der Inflationszeit kehrte man zum Steuersatz von 30 Pfennig zurück. Zum 1. August 1939 wurde diese Bagatellsteuer abgeschafft.

[Franz Braun ‚Die Spielkartenfabrik DONDORF in Frankfurt a.M.‘ – 1991]


• Abweichende Spielkartenformen

Üblicherweise sind Spielkarten rechteckig, wobei das Format in Europa allgemein etwa 60 x 90 mm, beim deutschen Blatt 60 x 100 mm, in den USA hingegen meistens 63 x 88 mm beträgt. Daneben existieren aber auch einige ungewöhnlicher Formen:

Diese Karten waren zum Spielen zwar eher wenig geeignet, hatten/haben aber einen besonderen Werbeeffekt und sind – da in der Regel limitiert – begehrte Sammlerobjekte.


Buchempfehlungen