Der Ohrenreiniger

sw Foto: kleine Plastik eines Ohrenreinigers und auf Hocker sitzendem Kunden

Ohrenreiniger  sind eigenständige Wander- und Straßengewerbetreibende,
die in Afrika, vor allem Ägypten und in Asien Passanten ihren Ohrenreinigungsservice anbieten.

Farblitho: Japanischer Ohrenreiniger mit Ohrlöffel
Japan
Gouache Malerei: Indischer Ohrenreiniger bei der Arbeit
Indien
Farblitho: Bengalischer Ohrenreiniger mit vornehmem Klient
Bengalen



Die Praxis der Ohrenreinigung
geht zurück auf die traditionelle
ägyptische und chinesische Medizin.

Auch in unseren Breiten war es in mittelalterlichen Bader– und Barbierstuben gängige Praxis,
sich eine Ohrenreinigung angedeihen zu lassen. Heute erledigt das bei Bedarf ein Ohrenarzt.


Berufsbezeichnungen

Ohrenreiniger und Ohrenreinigerin,   Ohrenputzer,   Ohrputzer,   Gehörgang-Putzer

in anderen Sprachen
Arabisch:منظف الإذن
Bulgarisch:yхо чист
Englisch:ear cleaner
Französisch:nettoyant d’oreilles
Italienisch:pulitore dell’orecchio
Niederländisch:orenputter
Polnisch:myjka do uszu
Portugiesisch:limpador de orelhas
Russisch:чистящее средство ушей
Schwedisch:öronputsare
Slowenisch:uho čistilec
Spanisch:limpiador de oídos

verwandte Berufe:   Bader,   Barbier,   Ohrenarzt


Die Arbeit der Ohrenreiniger

Man findet sie noch, die praktizierenden Ohrenputzer,
– z.B. in den großen Städten von China, Indien und Bangladesch –
aber es sind die letzten Vertreter eines langsam aussterbenden Berufes.

sw Fotopostkarte: Straßenbarbier macht Ohrenreinigung am Straßenrand ~1910, China
sw Fotopostkarte: Barbier reinigt auch Ohren ~1915, China


Neben exklusiven Ohrenreinigern
bieten auch asiatische Straßenbarbiere oft
einen zusätzlichen Ohrenservice an.

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•   Ein ‚Ohrenzeugen‘ Bericht

Getting My Ears Cleaned on an Indian Sidewalk
Im Laufe des letzten Monats hatte ich bemerkt, dass mein Gehör etwas nachließ und entschied, dass es Zeit war, mir professionelle Hilfe zu suchen. Gefunden habe ich sie schließlich an einem populären Touristentreffpunkt in Rishikesh mit Blick über den Ganges.

Farbfoto: Inder hält Köfferchen mit Aufschrift EAR CLEANER hoch

Der Mann vom Fach war gut zu erkennen an seinem kleinen Holzköfferchen mit dem Aufdruck ‚EAR CLEANER‘. Er platzierte mich auf einer Bank und holte einen langen Messingstab heraus. […] An meinem linken Ohr zerrend und hinein spähend waren seine ersten Worte »Oh, mein Gott … Oh, mein Gott … « – anscheinend war das dort zu Sehende nicht sehr hübsch. Sorgfältig lockerte er mit verschiedenen Stäbchen Teile des eingetrockneten Ohrenschmalzes, um sie dann eins nach dem anderen heraus zu ziehen. […] Er flunkerte, dass er bis zum Ende der Sitzung genug Material zusammen bekäme, um damit einen Buick (Kleinwagen) einwachsen zu können.

Farbfoto: Eukalyptusöl in Glasfläschchen

Er setzte fort, »Oh, mein Gott … « zu murmeln, immer wieder, als sei es ein Mantra. Schließlich wechselte er zu »Sehr trocken, sehr schlecht … « und […] meinte, dass er das ohne ‘Medizin’ nicht lösen würde können; was freilich den Preis verdoppele. Aus seinem Köfferchen kramte er ein kleines Fläschchen mit goldenem Öl hervor und wedelte damit unter meiner Nase herum — es hat nach Eukalyptus gerochen. Nach dem Einträufeln einiger Tropfen legte er seinen Daumen über meinen Gehörgang und schüttelte meinen Kopf wie eine Rassel. Mit einer langstieligen Pinzette zog er dann einen klebrigen Klacks in Größe eines kleinen Gummiballs heraus — wäre dieser noch etwas größer gewesen, wäre ich wohl zu einer Straßenattraktion geworden. »Oh, mein Gott … « […] Nachdem er mit etwas von der Baumwolle – die er unter seiner Mütze trug – das Öl von meinem linken Ohr gewischt hatte, kam mein rechtes an die Reihe.

Obgleich ich anschließend mitbekam, dass ich mehr als das Doppelte des üblichen Preises bezahlt hatte, kamen schlussendlich doch einige anständige Fotos und eine lustige Geschichte dabei heraus.
Das Beste aber war, dass ich wieder hören konnte – zumindest so gut, um zu vernehmen, wie der EAR CLEANING MAN in das Ohr seines nächsten Klienten murmelte: »Oh, mein Gott … Oh, mein Gott … «


[written by Joln Wes / free translated by Morinda]

•   Das VIDEO zeigt einen chinesischen Ohrenputzer in Aktion

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Ohrenreinigungstools

historische

 heute gebräuchliche

illu: Mimikakistäbchen, Bambuslöffel, flexible Kunststofftools
illu: Curette, Edelstahl-Instrumente, asiatisches Reinigungs-Set, Ohrkerzen
Info’s zu Ohrkerzen
Farbfoto: Ohrenreinigung mit Ohrenkerzen


Ohrkerzen  sind Hohlkerzen, die laut Hersteller sowohl zur Lösung von Ohrenschmalz  (Cerumen),  als auch bei Ohrenschmerzen und zur Entspannung eingesetzt werden können. Die leicht trichterförmigen Kerzen bestehen heutzutage oft aus Flachs- oder Baumwollgewebe, welches in Bienenhonig getaucht und teils auch mit ätherischen Ölen angereichert wurde.

Wirkungsweise:  Durch das Entzünden der senkrecht ins Ohr luftdicht eingeführten Ohrkerze entsteht ein sog. Kamin-Effekt. Der anfängliche Luftzug nach unten zeitigt einen leichten Überdruck. Nachdem die Hälfte der Ohrenkerze abgebrannt ist, kehrt sich der Luftzug um und drängt nach oben, wodurch eine Druckentlastung erfolgt.

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Vertreter der Alternativmedizin und der Wellness-Branche befürworten Ohrkerzenbehandlungen, während Mediziner diesbezüglich eine eher skeptische bis ablehnende Haltung einnehmen. Doch wie dem auch sei, es gibt einiges zu beachten …

Anwendungshinweise:
⋅ alleine lassen sich die Kerzen nicht gefahrlos anwenden, deshalb braucht es eine zweite Person
⋅ nur Kerzen mit Filter oder Membran verwenden, damit weder Wachs noch Asche ins Ohrinnere gelangt
⋅ immer feuerabweisende Tropfscheibe verwenden
⋅ Kerze nur bis max. 1-2 cm vor Tropfscheibe abbrennen (vorab Glas mit Wasser zum Löschen bereit stellen)
⋅ immer beide Ohren behandeln, aber NIE mehrmals hintereinander

Kontraindikationen:
• absolutes TABU, wenn eine Ohrenentzündung, eine Pilzinfektion oder eine Trommelfellverletzung vorliegt
• VORSICHT bei niedrigem Blutdruck, denn Ohrenkerzenbehandlungen haben eine blutdrucksenkende Wirkung
• für ALLERGIKER keine Kerzen mit Zusatz von Kräutern oder ätherischen Ölen verwenden

Farbfoto: Wattestäbchen als Makrobild

Und dann wären da noch die ursprünglich als Ohrenreiniger angebotenen  Wattestäbchen:

Sie wurden 1926 vom Amerikaner Leo Gerstenzang erfunden und fortan unter dem Namen ‚Q-tips‘  (das ‚Q‘ steht für Quality)  vertrieben. Dieser Name hat sich allgemein für Wattestäbchen eingebürgert; es gibt aber auch andere Hersteller und Marken.
Die Enden bestehen aus Baumwoll- oder Kunststoffwatte; die Stäbchen sind aus Papier, seltener aus Holz, meist aber aus Kunststoff.

Text: Nicht in den Gehörang einführen!


Ärzte warnen seit Langem vor Q-tips, denn bei falscher Benutzung sind die harmlosen Baumwollstäbchen tatsächlich gefährlich. Das Herumstochern im empfindlichen Gehörgang befreit das Ohr nämlich nicht zwingend von ungewünschtem Ohrenschmalz, Wasser oder anderen Absonderungen, sondern schiebt sie oft nur noch tiefer hinein. Dort kann der Ohrschmalzpfropfen verhärten und unter Umständen Druck auf das Trommelfell ausüben, was zu Schwerhörigkeit führen kann. Benutzen sollte man Wattestäbchen niemals im Gehörgang, bestenfalls zur Reinigung der Ohrmuschel.


sw illu: "Alles klar!" steht zwischen 2 Ohren