Der Bader

Aquarellierte Künstlerkarte: zahlreiche Badegäste beiderlei Geschlechts in großem Wasserbecken, Badstüber behandelt eine Frau, Musikant mit Knickhalslaute

Zeichnung: beschäftigter Badstüber vor sowie drei liegende Frauen in Badestube - 13. Jh
Badestube im 13. Jh

Im Mittelalter war der  Bader  der Besitzer oder Vorsteher eines Badehauses oder einer Badestube in Stadt und Land.
Anfänglich verwandte man die spätere Berufsbezeichnung für den Badegast selbst, während der Betreiber der Badeanstalt als Badstüber oder Bademeister betitelt wurde


Berufsbezeichnungen

Bader,   Bäder,   Badeknecht,   Bademeister,    Badstüber,   Stübner,   Stubrer, 
(niederd.) Beder,   (oberd.) Padter,  (niedersächs.) Stöver,  (niedersächs.) Badstäver , (abwertend) Quacksalber,   
(scherzhaft) Wasserdoktor,   Chirurgius,  Heilgehilfe

Der Bader in anderen Sprachen

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Englisch:bader, bader surgeons, chirotonsor
Französisch:barbier
Italienisch:barbiere
Kroatisch:kupaonice
Lateinisch:stupenatores, balneator
Portugiesisch:barbeiro
Russisch:цирюльник
Schwedisch:badare, bastugu-man
Spanisch:barbero

verwandte Berufe:   Arzt,   Barbier,   Chirurg,   Scherer,   Wundarzt


Der Bader im Mittelalter

Holzschnitt: zwei Badegäste lassen sich behandeln - 15. Jh
Badestube im 15. Jahrhundert

Die Badstüber spielten im Mittelalter eine große Rolle. Als der Aussatz aus dem Orient sich in Europa verbreitete, wurde das Warmbaden unter allen Klassen der städtischen Bevölkerung stark betrieben. Von der Obrigkeit wurden Badstuben angelegt, um das Baden aus sanitären Rücksichten zu fördern. Die Badstuben waren auch unter den besonderen Schutz des Gerichts gestellt, indem man sie zu den befriedeten Orten zählte. […] Es kam aber auch vor, daß Barbiere (Barbitonsores) Badstuben pachteten und dort ihre Geschäfte etablirten, das im Haarschneiden, Rasiren  auch in chirurgischen Operationen bestand; mit letzterm Geschäft befaßten sich auch die Badstüber, Bader. Die Badstuben waren aber nicht allein Lokale zur Reinigung des Körpers und zur Heilung von Patienten, sondern auch oft die Schauplätze wüster Gelage.

[Quelle: Constantin Mettig:  Zur Geschichte der Rigaischen Gewerbe
im 13. und 14. Jahrhundert.
1883]


Bildergalerie


Der Bader im 16. Jahrhundert

Sammelbild Mann massiert einen anderen. Junge badet im Bottich.

Der Bader.
Unehrlich galten in früherer Zeit die Zünfte der biederen Bader, die doch so nützlich für jedermann mit ihren Stuben und Bütten. Arm und reich, alt und jung erfrischten sie mit Seife, mit Wasser und mit weichem Tuch und gaben Rat und Salben her, bei Krankheit und Gebrechen. In Krieg und Fehde zogen sie mit ins Feld hinaus, als Bartscher, Feldscher auch genannt, als Helfer für die Wunden. Der König Wenzel nahm der Zunft den Makel wieder ab, gab ihr zurück die Ehrlichkeit, verlieh ihr Brief und Wappen.


(Tengelmann-Sammelbild: Wahrhafftige und Eigentliche beschreibung von den Ständen, Zünften und Handwercken um 1575)


Holzschnitt: Mann, Frau, Kind beim Badstüber
1568 – [Jost Amman / Hans Sachs]

Wohlher ins Bad Reich unde Arm /
Das ist jetzund geheizet warm /
Mit wohlschmacker Laug ma(n) euch wescht /
Denn auff die Oberbank euch sezt /
Erschwizt / den(n) werdt ir zwagen und gribn/
Mit Lassn as obrig Blut austrieben /
Denn mit dem Wannenbad erfreuwt /
Darnach geschorn und abgefleht.


Der Bader im 17. Jahrhundert

Kupferstich aus dem Ständebuch: quirliges Treiben in einer Badestube
1698 – [Christoph Weigel]
Sinnspruch zum Beruf des Baders

Auf Angst und Schweiß folgt Ruh und Preiß.
Was ist die Welt? ein heisses Bad
in welches wir zum Schwitzen komme(n).
Sie schrepfft u(n) machet bang den From(m)en,
doch dieses nutzt und ist kein Schad,
indem mit Trost des Höchsten Huld,
fühlt die geängstete Geduld.


Das Tätigkeitsfeld der Bader

Nachdem sich im Mittelalter der Badehausbetrieb verbreitet und etabliert hatte, erweiterten die meisten Bader ihr Geschäft um Heilbehandlungen. Mit der Zeit entwickelte er sich zum  Chirurgius  oder  Heilgehilfen  und hat als solcher bis zum Ende des 19. Jahrhunderts eine große Rolle gespielt. Ärzte gab es früher oft weit und breit nicht. Kam etwas vor, so ließ man einfach den Bader oder Chirurgius kommen. Der war bald zur Hand und machte sein Sache dazu noch bedeutend billiger als der Arzt. Diesen holte man darum also nur in Fällen größter Not. Sobald der B. oder Herr Chirurgius ins Haus kam, trat die Jugend ehrfürchtig zur Seite. Einige neugierige Nachbarinnen eilten wohl noch herzu, um zu sehen, ob es schlimm stand. Hatte der Kranke sich eine Lungenentzündung zugezogen, so wurde ein Oberarm abgebunden, und über der abgebundenen Stelle wurde ein Aderschnitt oder Aderlaß vorgenommen. dem Kranken wurde etwa ein Teller hitzigen Blutes abgenommen. Dadurch sollte Lebensgefahr beseitigt werden. Auch setzte man bei Lungenentzündung, besonders aber bei anhaltenden starken Kopfschmerzen, Schröpfköpfe, und zwar bei Lungenentzündung auf die Brust, bei Kopfschmerzen dagegen in den Nacken. Schröpfköpfe waren fast kugelförmige Gläser. Man füllte sie mit heißem Wasser, goß es schnell wieder aus und setzte die heißen Gläser ebenso schnell auf die zu schröpfenden Stellen. Das Fleisch wurde hochgesogen und es entstand eine größere Blutansammlung. Diese Stelle wurde nun mit dem Schröpfapparat, der mehrere winzige Messerchen enthielt, eingeschnitten. Nun setzte man wieder Schröpfköpfe, die in größeren Mengen schlechtes Blut aufsogen. Das Schröpfen besorgt in heutiger Zeit, falls es durch den Arzt noch angeordnet wird, gewöhnlich die Hebamme.Bei Verstauchungen des Fußes, Beines usw. mußte das gestockte, dicke Blut entfernt werden. Zu diesem Zwecke brachte der Dorfbarbier einige Blutegel mit. Diese setzte er an die geeigneten Stellen und ließ sich gehörig satt saugen. Dann preßte er den Tieren mit den Fingern das Blut wieder aus, und war es erforderlich, so wurden die Egel nochmals angesetzt.
Bei plötzlichen Unglücksfällen, wie sie in ländlichen Betrieben leicht entstehen können, war es der Chirurgius, welcher die erst Hilfe leistete, und in vielen Fällen genügte seine Heilkunst vollkommen.
Aber erst der Reichstag zu Augsburg vom Jahre 1548 erklärte den Beruf des Baders für zünftig und rein. Da von etwa dieser Zeit an die Bader auch zugleich Barbiere wurden und durch Reichsgesetze von 1779 beide Berufe als nicht voneinander zu unterschiedene Handwerke betrachtet wurden, so war also der Bader ein vielseitiger Mensch.
Heute ist der Herr Chirurgius aber eine  vergessene Persönlichkeit; denn heutzutage ist überall ein Arzt zu haben,
der natürlich über jene veralteten Heilmethoden des Dorfbarbiers weit erhaben ist!


(Quelle: Ernst Bock:  Alte Berufe Niedersachsens. 1926)

Redewendungen

  • Bader erkennt man an der Schürze
  • Bader – Salbader.
  • Wer die Badestube hat, der braucht um den Quast nicht zu sorgen. (russisch)
  • Eine alte Badestube gibt ein tüchtiges Bad. (finnisch)

Schutzpatrone

Die Märtyrer Damian und Cosmas.


Ehrenfahnenträger

kolorierte Zeichnung: Mann im Kostüm mit großer Fahne
1834 – [Carl Heideloff]

Doctor Eisenbart

Ankündigung Doctor Eisenbart

Die Badestubengerechtigkeit

folgt noch …

Straßenschild
2021, MV, Anklam – [Foto: Sulamith Sallmann]