Der Schuhmacher

Kupferstich: Schuhmachermeister mit Gesellen in der Werkstatt bei der Arbeit

Schuhmacher  / Schuster *  fertigen individuelle Sandalen, Pantinen, Schuhe, Stiefel und Gamaschen aus Leder.
[beide Bezeichnungen stehen für ein und denselben Handwerksberuf]

sw Miniatur eines mittelalterlichen Schusters

Ab dem Mittelalter stieg die Zahl der Schuhmacher beständig und damit auch die Konkurrenz. Deshalb waren viele unter ihnen sehr arm und arbeiteten allein, da sie sich weder Lehrlinge noch Gesellen leisten konnten. Bis ins 19. Jahrhundert wurde alles Schuhwerk traditionell von Hand gefertigt.
Da Schuhwerk ein teures Gut darstellten, bestand ein Großteil der Schuhmacherarbeiten aus Reparaturen. Einige Vertreter der Branche führten ausschließlich Schuhreparaturen aus und wurden als Flickschuster bezeichnet.

Die industrielle Schuhfabrikation begann in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts mit Entwicklung und Bau der ersten Schuhfertigungsmaschinen. Durch die maschinelle Schuhproduktion reduzierte sich die Schuhfertigung von Hand und damit auch die Zahl der Schuster. Neben gelegentlichen Einzelanfertigungen verblieb ihnen nur die Schuhreparatur als Hauptaufgabe, von der in heutiger Zeit in unseren Breiten auch kaum noch jemand Gebrauch macht.
Die Arbeit der Schuster in Bildern.


Berufsbezeichnungen

Schuhmacher / Schuster,   (althochdeutsch)  sūtāri,  sūter    (mittelhochdeutsch)  schuohsūtære,  schuohsūter
Flickschuster,   Schuhflicker,  Schuhplätzer,   Altbuzer,  Altmacher,  Altreißer,   Altreuser, Bletzer,   Oldbuter,   Oldkitter,   Refler (öster),   Reseler,   Lepper,

in anderen Sprachen
Afrikaans:Skoenmaker
Albanisch:Këpucar
Bosnisch:postolar
Bulgarisch:Обущар
Dänisch:skomager
Englisch:cobbler, bootmaker, shoemaker
Esperanto:ŝuisto
Estnisch:Kingsepp
Finnisch:suutari
Französisch:cordonnier, savetier
Griechisch:υποδηματοποιός, τσαγκάρης
Hebräisch:סַנדְלָר
Irisch:Gréasaí
Isländisch:skóari, skósmiður
Italienisch:calzolaio, ciabattino
Korsisch:calzaturu
Kroatisch:cipelar, crevljar, obućar, postolar, šuster
Latein:calceolarius, sūtor, gaudete
Lettisch:Kurpnieks
Litauisch:Batsiuvys
Luxemburgisch:Schouster
Niederländisch:schoenmaker
Norwegisch:skomaker
Polnisch:szewc
Portugiesisch:sapateiro
Rumänisch:ciubotar, cismar, pantofar
Russisch:сапожник
Schwedisch:skomakare
Serbisch:обућар
Slowakisch:obuvníctvo, obuvník, šuster
Slowenisch:čevljar
Spanisch:zapatero
Türkisch:ayakkabıcı, kunduracı, pabuççu…
Ukrainisch:Швець
Ungarisch:cipész
Venezianisch:całegher, suster
Zulu:umenzi wezicathulo

Spezialisierungen:   Hausschumacher,   Holzschuhmacher,  Maßschuhmacher,   Orthopädieschuhmacher,   Ballettschuhmacher,  Sportschuhmacher
verwandte Berufe:   Sattler,   Handschuhmacher,   Lederschneider,   Gerber


Historisches

Farbfoto: archäologischer Bundschuh-Fund
Fund aus Schleswig-Holstein

Bereits im alten Ägypten (ca. 1450 v.Chr.) wurde Riemenschuhwerk
aus Leder, Bast und Holz hergestellt.

In der Spätbronzeit (ab ca. 1300 v.Chr.) und der vorrömischen Eisenzeit wurden in Europa vor allem so genannte Bundschuhe getragen. Diese waren aus Leder, Fell oder festem Tuch in einem Stück gefertigt und hatte keine Sohle.

Farblitho: fünf verschieden Sandalenformen

Während der Römischen Antike (ca. 7.Jh.v.Chr. bis 7.Jh) entfaltete sich neben den (römisch ‚Carbatinae‘ genannten) Bundschuhen eine vielgestaltige Sandalenkultur.

Neben sich allmählich entwickelnden weiteren Schuhformen (wie Schnabel-, Schnallen- und Schnürschuhe) waren im Spätmittelalter Bundschuhe weiterhin die vorrangige Fußbekleidung der europäischen Landbevölkerung. Diese unterschieden sich jedoch in der Konstruktion von ihren antiken Vorgängern und wurden Anfang des 16. Jahrhunderts im Vorfeld des Deutschen Bauernkrieges zu einem Gemeinschaftssymbol der Bauern in der landläufig bekannten Bundschuh-Bewegung.


Berufszeichen & Zunftwappen

Deutsche Schuhmacherzünfte sind belegt seit:
1104 in Trier
1128 in Würzburg
1157 in Magdeburg
1284 in Berlin
1350 in Erfurt
1686 in Neusalza


Zunftwesen der Schuhmacher

„Wir, Nicolaus von Litzen, Johannes von Blankenfelde, Nicolaus von Bötzow, Ratmannen zu Berlin, allen für ewige Zeit. Da die Nachkommen die Verhandlungen der Vorfahren nur schwer behalten, ist es nützlich und nötig, sorgsam darauf zu achten, daß die Dinge, die in unserer Gegenwart verhandelt sind, schriftlich auf die Nachwelt gebracht werden. Daher wollen wir es durch diesen Brief zu allgemeiner Kenntnis gelangen lassen, daß wir uns mit denen, die zum Schuhmachergewerk gehören, und mit ihrenen Meistern nach reiflicher Überlegung und Beratung dahin geeinigt haben, daß sie die sogenannte Innung von der Stadt Gnaden haben, und daß derjenige, welcher besagtes Gewerkt gewinnen will, es nur gewinnen kann aus Gnaden und mit Zustimmung der Ratmannen, so daß die Ratmannen volle Gewalt haben über das Gewerk. Auch wollen wir Ratmannen es zur allgemeinen Kenntnis bringen, wie ihr Gewerk unter nachbenannten Bedingungen bestehen soll. Zuerst nämlich bestimmen wir, daß, wenn jemand vorbesagtes Schuhmachergewerk gewinnen will, der Stadt 3 Schilling Pfennige, sowie 2 Pfund Wachs gegeben werden sollen. Auch bestimmen wir, daß vorbenannte Schuhmacher eine sogenannte Morgensprache (Frühbesprechung) nur in Gegenwart von zwei Mitgliedern des Rates halten sollen und von zwei Meistern, die Geschworene des Gewerks sind, welche alles das bezeugen, was sie für angemessen, nützlich und ehrbar erachtet haben, sowie auch das, was unter ihnen zu bestrafen ist. Ferner wenn jemand mit falscher Arbeit einer Übertretung sich schuldig macht, indem er schlechte Schuhe verfertigt oder sonst bei einer unziemlichen Sache betroffen wird, oder wenn jemand etwas übertritt, das zu ihrem eigenen und der Stadt Nutzen dient, so ist er zu strafen nach der Entscheidung der Stadt und der Ratmannen und es ist festgesetzt worden, daß die vorbenannten Meister der Schuhmacher solches melden sollen. Sodann, wenn ein fremder Anzügler oder ein Einwohner käme und das Gewerk gewinnen wollte, die gedachten Meister aber verhinderten ihn etwa daran aus Haß oder irgendwelcher anderer Ursache, so sollen die Ratmannen nach dem Rate der Stadt, wenn er ehrlich und rechtschaffen ist, das Gewerk ihm geben auch ohne die Zustimmung jener. Ferner sollen die vorbesagten Schuhmacher insbesondere ihre Meister auch darauf nach ihrem Eide sorgsam achten, daß der Ankauf des Leders zur Anfertigung der Schuhe unter ihnen nicht verhindert werde. Damit aber diese unsere Schenkung und Verleihung gültig und mit unserem angehängten Siegel bestätigen lassen.[…]“

(aus: Berliner Innungsbrief für Schuhmacher, 1284)


Schuhherstellung

Die Leisten – die Grundkörper für Schuhe – waren früher übrigens symmetrisch,  wurden also nicht nach links oder rechts unterschieden. Die Kunden mussten sich ihre Schuhe also selbst ein- und zurecht laufen.


Werkzeuge, Hilfsmittel & Utensilien

Leder, Leisten, Garn, Pech, Maßlehre, Form- , Fuß- und Schnitteisen,
Schustereisen (Dreifuß), Schusterhammer, Schustermesser, Loch- u.a. Zangen, Scheren, Schusterahlen, Nähkloben, Schusterkugel (wassergefüllte Glaskugel), Schieblehre, Schustertisch und -schemel, Wasserbottiche

Farblitho: diverse Werkzeuge

Modelle und Formen

Foto: Holzmodel für Schuhfertigung
Schweiz

Maschinen

Ausputzmaschine, Ausstanzmaschine, Knopfbefestigungsmaschine, Loch- und Öseneinsatzmaschine, Nähmaschine, Pinnmaschine,
Schleifmaschine, Sohlenaufheftmaschine, Wendemaschine, Zwickmaschine


Ausbildung


Die Refler

„Im alten Wien wurden die wandernden Schuster, welche in erster Linie Flickarbeiten verrichteten, dann aber auch neues Schuhwerk lieferten, als „Refler“ bezeichnet. Unter „Reff“ (Verkleinerungswort „Reffel“) verstand man ein Tragegestell, das mit einem volkstümlichen Ausdruck auch „Kraxen“ genannt wurden. Die Refler trugen ihre Waren samt Werkzeugen auf dem Rücken umher. […] Noch vor dem Jahre 1396 erhielten die Refler eine eigene Zunftordnung, welche im Handwerkerverordnungsbuch der Stadt Wien eingetragen ist. Den Witwen der Refler war es untersagt, zerissene Schuhe zur Ausbesserung an fremde Orte zu geben, dafür durften sie neue Schuhe von hiesigen Meistern kaufen und Kunden wiederverkaufen. Im Jahre 1583 wurde die Zahl der Refler über Betreiben der Schusterzunft auf zwölf beschränkt. Nur mit Zustimmung der Zechmeister durften die Refler Lehrjungen aufnehmen, bloß ihren Söhnen konnten sie ohne weiteres das „Refelwerch“ lehren. Wir haben in den Reflern eine Art Schuhtrödler vor uns, welche für die minderbemittelten Volksschichten neues Schuhwerk lieferten und schadhaft gewordene Schuhe und Stiefel ausbesserten.“

(aus: Karl Fajkmajer: Skizzen aus Alt-Wien. 1900)


Dies & das

Der Schuhmacher  [Kodex des Balthazar Behaim]

Farb-Reprint: Wohn- und Arbeitsraum, wo Personen Schuhe herstellen
1505, PL/Krakau – [aus dem Kodex des Balthazar Behaim]

Im Hause meiner Väter
klopf‘ ich allhier das Leder,
mach‘ meinen Reim dazu,
frag‘ nicht, wer’s nach mir tu‘.
Ich lobe Gott und laß ihn walten,
mach‘ neue Schuhe und reparier‘ die alten.
Hier ist ein Stiefel umgekehrt.
Das ist die Welt so hochgelehrt.
Stellst du ihn auf die Sohlen doch,
so bleibt’s ein Stiefel immer noch.


Schuhmacher – Arbeit in Leben und Bildern

rundes Glasbild: Schuster bei der Arbeit in seiner Werkstatt