Der Tankwart

sw Foto: Erste kiosartige Tankstelle vom deutschen Mineralölunternehmen OLEX - 1922, Hannover

Der Tankwart in seiner ursprünglichen Entstehungsform ‚wartete den Tank‘
soll heißen: er füllte Treibstoff nach und kassierte dafür.

Der klassische Service-Tankwart war eine Erscheinung des 20. Jahrhunderts
– mit dem Aufkommen der Selbstbedienung in den 1970er Jahren
veränderte sich das Berufsbild mehr hin zum Verkäufer.


Berufsbezeichnungen

Tankwart  und  Tankwartin

in anderen Sprachen
Albanisch:punonjësi stacionin e gazit
Bulgarisch:служителят на бензиностанцията
Dänisch:tankstationens medarbejder
Englisch:filling-station attendant
Esperanto:dungito de la benzinstacio
Finnisch:huoltoaseman työntekijä
Französisch:pompiste
Griechisch:υπάλληλος βενζινάδικου
Isländisch:starfsmaður bensínstöðvar
Italienisch:impiegato della benzinaio
Kroatisch:zaposlenik benzinske crpke
Latein:gas station operarios
Niederländisch:pompbediende
Norwegisch:bensinstasjonensarbeider
Polnisch:pracownik stacji benzynowej
Portugiesisch:gasolineiro
Rumänisch:muncitor la benzinărie
Russisch:заправщик
Schwedisch:bensinstationsarbetare
Slowakisch:pracovník čerpacej stanice
Slowenisch:delavec bencinski črpalki
Spanisch:gasolinero
Tschechisch:pracovník čerpací stanice
Türkisch:benzin istasyonu çalışanı
Ungarisch:benzinkút dolgozója

Berufsgruppe:   Dienstleistungen,  Handel & Verkauf
Berufsfamilie:   Transport & Verkehr
verwandte Berufe:   Automechaniker


Was ein Tankwart früher alles zu tun hatte

Zweifarbendruck: Tankwart, der beim Betanken den Tankschlauch hoch hält~1950, Frankreich

Der Tankwart verkauft Kraft- und Schmierstoffe, Reinigungs- und Frostschutzmittel, sowie Kraftfahrzeugzubehör. Er reinigt Kraftfahrzeuge, nimmt Ölwechsel vor; bläst die Reifen auf und beseitigt auch kleine Pannen (Bagatellschäden); berät die Kunden über günstige Straßen-verbindungen. Er hält die Tankstelle mit allen Einrichtungen (Wasch- und Toilettenräume usw.) und Apparaten sauber.

[Justus Streller ‚Wörterbuch der Berufe‘ – 1953]

Farblitho: Tankwart berät Kunden während er Auto betankt ~1935
Farblitho: Tankwart betankt einen Mercedes während Fahrer Landkarte studiert ~1950
Farblitho: Wartungsleistungen vom Tankwart ~1965, Niederlande
Farblitho: Tankwart beim Ölwechsel ~1960, Frankreich

Von den Anfängen

Als gegen Ende des 19. Jahrhunderts die ersten Verbrennungsmotoren konstruiert waren,
gab es Benzin, Petroleum und andere Treibstoffe nur in Apotheken.

Farbfoto: alte 5 Liter Apothekerflasche mit Benzin
getuschte Zeichnung: Bertha Benz beim „Tanken“ in der Wieslocher Apotheke - 1888

Die Stadt-Apotheke im sauerländischen Wiesloch, in welcher Bertha Benz  1888 während ihrer ersten Überlandfahrt im neuen dreirädrigen ‚Benz Patent-Motorwagen Nr.3‘ Ligroin (ein seinerzeit nur in Apotheken erhältliches Petroleum-Benzin-Gemisch) nachkaufte, gilt ehrenhalber als erste  „Tankstelle“  der Welt.

Farbfoto: Schild der Stadtapotheke Wiesloch = '1. Tankstelle der Welt'

Etwa ab 1900 entstanden auch andere Verkaufsstellen für Treibstoffe. In einem Verzeichnis von 1909 sind 2500 Standorte in Deutschland gelistet, die Benzin bereithielten. Neben Apotheken und Drogerien gehörten dazu auch Werkstätten, Kolonialwarenhändler, Gasthöfe und Hotels.

Farbfoto: roter Beninkanister von SHELL aus den 1930er Jahren
Farbfoto: dreieckiger 10 Liter Benzinkanister von 1923


Bevor Benzinkanister aufkamen wurde Benzin in beliebige Behälter abgefüllt; üblich waren Flaschen oder auch ausgediente Milchkannen.
Mit Zunahme des motorisierten Verkehrs stieg entsprechend auch die Nachtrage nach einer flächendeckende Versorgung mit Kraftstoff. Diverse Schmieden und Schlossereien entwickelten sich zu Autowerkstätten und nutzten zumeist einfache Fasspumpen, um Benzin vom Fass zu verkaufen. Im Volksmund nannte man dies dann Fasstankstelle.

sw Foto: Mann bedient Hebel einer Handpumpen-Säule ~1930
Konstruktionszeichnung: unterirdischer Vorratstank, Zapfpumpe und -säule - 1925, USA


Später kamen sog. Gehsteigpumpen, Handpumpen-Säulen mit unter der Straßen- oder Bürgersteigdecke eingelassenen Benzintanks auf.

Die Idee, Benzin mittels einer Handpumpe aus einem Vorratstank direkt in den Tank des Fahrzeugs zu fördern, wird dem Amerikaner Sylvanus F. Bowser zugeschrieben, der bereits 1898 mit der Vermarktung solcher Zapfpumpen begann und in den Folgejahren zahllose Ideen patentierte und verwirklichte.

Die Errichtung von immer mehr Zapfsäulen (1925 gab es in Deutschland bereits etwa 950 Tank- und Zapfstellen) legte den Grundstein zur Herausbildung des Tankwartberufes.

Der Arbeitsplatz der Tankwarte im Wandel


Nostalgika

Farbfoto: Zapfsäulen-Kopf ~1970, Italien
3 Farbfotos: Details alter, verwitterter Zapfsäulen - 2013, Berlin

Und dann kamen Selbstbedienung und Automaten

sw Foto: Erste deutsche Selbstbedienungs-Tankstelle - 1972, Lagerlechfeld

Bei einer Energie-Konferenz 1971 in London stellte ein schwedischer Hersteller das Konzept vor, dass sich Autofahrer den Kraftstoff selbst in den Tank füllen.

Ein Teilnehmer dieser Konferenz war Gerd Deisenhofer, damaliger Geschäftsführer des Kemptener Energiegroßhandels PRÄG. Von der Innovation begeistert setzte er sich, nachhause zurückgekehrt, sofort dafür ein, einen Testlauf zu wagen.
Die Wahl fiel auf eine von PRÄG belieferte TEXACO-Tankstelle an der B 17 in Lagerlechfeld bei Augsburg, da der nahe gelegene Luftwaffenstützpunktes der Bundeswehr gewährleistete, dass viele der damals ca. 5.000 Soldaten regelmäßig tanken mussten.

Aller allgemeinen Skepsis zum Trotz zeitigte das Vorhaben großen Erfolg, denn bereits im zweiten Monate nach Umbau wurden ⅔ der bis dato üblichen Kraftstoffmenge von etwa 300.000 Liter pro Jahr verkauft.
Nach und nach stellte Deisenhofer weitere Stationen um auf Selbstbedienung und umgestaltete den Kassenbereich zu Shops, in denen neben Autozubehör und -pflegemitteln auch Zeitschriften, Getränke und Süßwaren angeboten wurden.

sw Foto: Werbung für's Selbst Tanken

Schild: Aufschrift - Letzte Tankstelle vor der nächsten
illustriertes Gedicht: An der Tankstelle ~1960

Buchempfehlungen

Buchcover

Joachim Kleinmann ‚Super, voll!‘
– Jonas Verlag, 2002

Buchcover

Alexander F. Storz ‚Hallo Tankwart‘
– Motorbuch Velag, 2013

Buchcover

Ulrich Biene ‚GASOLIN‘
– Delius Klasing Verlag, 2018


Farbfoto: an Tanksäule angelehnter Tankwart als lustiges Dekofigürchen