Der Sporenschmied

Farbfoto: fünf verschiedene Sporen

Der  Sporenschmied  – auch Sporer genannt – war ein Klein(zeug)schmied,
der v.a. auf die Verfertigungung von metallenen Sporen für die Reiterei spezialisiert war.

Der Sporenschmied fertigte neben anderem Kleinzeug für den Reitbedarf auch Steigbügel, Trensen (Gebisse)
und Striegel an.

Buchmalerei: Enders fertigt Sporen an - 1457
1457 – [Nürnberger Hausbücher]
Gemälde: Mann paßt einem Adligen Sporen an - 1423
1423, Italien – [Gentile da Fabriano]

Allerdings gab es zeitweise lokal auch exklusiv spezialisierte Handwerker,
wie den Bizzer  (Bißmacher, Gebissmacher),
den Stegraiffer  (Steigbügelmacher)
und den Striegelschmied.


Wenn selbst nicht Waffen herstellend, so doch mit dem miittelalterlichen Ritterwesen von jeher eng verbunden, war der Sporer, Sporner oder Sporenmacher (faber calcarius), ein Feinarbeiter, der zu den Kleinschmiede rechnete und meist mit Schlossern, Messerern, Flaschnern u.a. eine gemeinsame Zunft bildete. Der Sporer, auch mit den mundartlichen Nebenformen Sparer oder Spörer benannt (mhd. sporaere; calciator, calcariator, calcarifex, artifex calcariorum), arbeitete vor allem Sporen, Pferdegebisse und Stegreife (Steigbügel), weshalb er oft auch Stegriffer genannt wurde, dann Kinnketten, Halftern und später Renken zu Kutschzeug u. dergl.. – Auf Beschluß der Tagfahrt zu Marienburg von 1446 wurde den Sporern der preußischen Städte als Meisterstück auferlegt: das Schmieden von ein Paar ‚Pfaffensporen mit einer Decke über das Rädlein‘, ein Paar Sporen mit hohen ‚Borsten‘ und endlich ein Paar Wagensporen.“

(aus: Alte Gewerbe und Gewerbegassen von Erwin Volckmann, 1921)


Berufsbezeichnungen

Sporenschmied,   Spor(e)nmacher,   Sporer,   Spohrer

in anderen Sprachen
Dänisch:spore smed
Englisch:spurrier, spur maker
Französisch:forgeron des spores
Schweizerdeutsch:Spörner, Spornmacher, Sporrer
Ungarisch:Spóra kovács

Spezialisierungen:   …,   …,   …
verwandte Berufe:   andere Schmiede,   Metallarbeiter


Holzschnitt: vornehmer Herr begutachtet Waren beim Sporer - 1568
1568 [Jost Amman / Hans Sachs]
Originaltext zum Bild von Amman

Ich mache Sporn von Stahl vnd Eyßn /
Geschwertzt vnd Zint / die man thut preyßn /
Die doch den Gaul nit hart verletzn /
Welch Pferd sich tückisch widersetzn /
Den mach ich ein scharffes gebiß /
Das jn von statten treibt gewiß:
Dem Bauwren mach ichs gröber viel /
Der es nur wolfeyl haben wil.

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Kupferstich: Sporer und zwei Gehilfen bei der Arbeit - 1698
1698 – [Christoph Weigel]
Original-Sinnspruch zum Bild

Das Mittel für Schämen, ist treiben und zähmen.


Laßt das Hertz nicht Zaum-frey stehen,
und stets zwischen Sporen gehen,
womit uns die Liebe rührt:
Dann wir rennen durch das Leben,
und das Kleinod wird gegeben,
Dem, den sein Hertz nicht verführt.


Zunftzugehörigkeit

Die Sporer bildeten gewöhnlich mit den Schmieden eine Innung.

  • 1363 gab es bspw. in Nürnberg insgesamt 19 Bizzer-, Sporer- und Stegraiffermeister.
  • In Dresden gab es bis 1450 nur eine einzige Innung für alle Schmiedeberufe, mit der fortschreitenden Spezialisierung vergrößerte sich dann deren Anzahl.
  • Im Jahr 1600 ist die Existenz einer umfassenderen Innung nachgewiesen. Sie umfasste Schlosser, Sporer, Nagelschmiede, Büchsenschmiede und Uhrmacher.

Werkzeuge

Werkzeuge des Sporenschmiedes
1761 – [Johann Samuel Hallens]

Zum Sporer. 1761
A. Eine halbe Reutstange, daran
a Ort, wo der Ring zum Reutzeuge ist.
b Die Kinnkette, welche in den Haken der andern hier weggelassenen Stangenhälfte eingehängt wird.
c Das Hauptgestelle.
d Das halbe Mundstükke, welches das Pferd käut.
e Der Zapfen, oder Bukkel.
f Der Lappen.
g Die gebogne Stange an sich.
h Die Rose zur Schaumkette.
i Loch oder Ring zur Schaumkette, neben dem Ueberwurfe unter dem Halse.
k Der Kloben und Ring zum Zügel.


Vom Sporenschmied und seinen Erzeugnissen

Farbfoto: Ringtrense, Beschlagteile, Trensenhebel und Stachelsporn - 13. Jh
13. Jh – ‚Reitzeugzubehör‘ [archäologische Funde aus dem Ruhrgebiet]

Aus der Werkstäte des Sporers erhält man die Reut*stangen mit dem Gebisse, Steigbiegel, Sporen, Kappzäume und Striegel; kurz was man zur Regierung der Pferde erfunden hat. [*Reut… = Reit…]

Z a u m z e u g t e i l e

An einer Reutstange kommen die Zügelringe vor, worinnen der lederne Zügel fest ist, auf diese Ringe folgen die Wirbel mit der Schaumkette unter dem Kinne, hierauf die Stange, nach dieser das Mundstükke, welches gleichsam zween etwas gekrümmte Kegel vorstelle, deren Spizzen sich im Ringe als ein Gelenke hin und her bewegen lassen, auf diese das gerade Hauptgestelle, woran sich endlich die Kinnkette mit ihrem Haken, in welchen sie eingreift, befindet. Ueberhaupt mus man sich mit den Theilen einer Reutstange nach der Vorschrift des Stallmeisters richten, und es mus sich z.E. die Kinnkette nach dem Kinne des Pferdes, für welche man sie bestimmt hat, oder für die Zunge schikken, wenn es mit dem Reuter nicht durchgehen soll; indem die Kinnkette die Stange zieht.

In den Ring des Hauptgestells wird das Reutzeug eingezogen. Das Mundstükk [Gebiss] ist in seiner Mitte beweglich durch ein Gelenke gemacht, damit es dem Pferde nicht zu kauen beschwerlich falle; es ist gros oder klein nach dem Munde des Pferdes. Die beiden Schaumketten halten die Stangen zusammen. Man verfertigt allerlei Arten von Reutstangen, nachdem ein Pferd unbändig ist, und den Kopf hoch trägt u.s.f. Unter der Kandare versteht man eine kurze Reutstange, mit gebogner, oder gerader Stange, zu den flüchtigen Pferden; man ist bei der Kandare, wenn man stürzt, allezeit weniger Gefar unterworfen, weil es dadurch ein leichtes Gebis bekommt, und daher bedient man sich dieser Art gemeiniglich bei den Jagdpferden.

S t e i g b ü g e l

Steigbiegel auf französische Art oben Wirbel, oder nicht, damit man den Fus darinnen umdrehen möge; diese Eigenschaft gibt man auch den englischen Steigbiegeln. Die türkischen sind lang, ohne Wirbel, sie haben ihre Schenkel, und eine lange Sole, darinnen der ganze Fus bequem ruhen kann.

S p o r e n

An den Sporen kommen die krummen Schenkel, der Fersenriemen, und der Hals vor, worinnen das gestachelte Rad sizzt. Der breite Riemen über dem Fusblate ist das übrige.

S t r i e g e l

Die Striegel bestehen aus einem blechnen Kasten, mit geschmiedeten Platten, welche zu Zähnen ausgefeilt werden.

Das Werkzeug ist hier wie bei dem Schlösser und zum Theil bei dem Büchsenmacher. Man verarbeitet zu den Reutstangen das schwedische Stabeisen, jenes ohne Härtung, je weicher, je besser. Der Hammer und die Feilen verrichten hier das meiste. Wenn man das Eisen u.s.f. vergoldet, oder versilbert: so geschickt solches auf Schwerdfegerart.

Die Sporer lernen 4 bis 5 Jahre. Ihr Meisterstükke besteht in sechs Paar Wagenstangen, in zwei Paar Reutstangen, einem Paar Steigbiegel und einem Paar Sporen. Die Wagenstangen für die Kutschenpferde sind kürzer, als die für die Reutpferde.

[ Johann Samuel Hallens: Die neue Kunsthistorie – 1761, Brandenburg und Leipzig]
Farbfoto: Steigbügel, Striegel, Hufkratzer und Wagenbeschlag
‚Historische vom Sporenschmied gefertigte Werkstücke‘

Sporen

spurs [EN]  •  éperons [FR]  •  speronì [IT]  •  espora [PT]  •  espuelas [ES]  •  spoor [NL]

Aus einfachen Stacheln  (die oft nur an einem Fuß getragen wurden)  entwickelte man im Mittelalter die Radsporen mit fünf, dann mit acht und mehr Zacken. Vergoldete Sporen galten als Abzeichen mittelalterlicher Ritter.

Zeichnung: Sporn mit großem Sternrad - 15. Jh
15. Jh – ‚Radsporn aus Eisen‘
Grafik: Darstellung verschieden Sporen - 1915, USA
1915, USA

Unterschieden wird nach Art des Sporns:

  • Stachelsporen,  Dornsporen
  • Radsporen,  Sternradsporen,  Querradsporen
  • Ballsporen,  Kugelsporen

bzw. nach Befestigungsart der Sporen am Fuß:

  • Anschnallsporen
  • Anschlagsporen
  • Kastensporen

Steigbügel

stirrup [EN]  •  étrier [FR]  •  staffa [IT]  •  estribo [PT]  •  estribo [ES]  •  stijgbeugel [NL]

[Sie] stellten metallene Bügel mit Tritt  (»Sohle«)  für die Füße der Reiter her, die zu beiden Seiten des Sattels an den Steigriemen herabhingen. Die Form der Steigbügel hat nach Zeit und Volk sehr gewechselt. Es gab Schnabelschuhsteigbügel, Steigbügel für Damen und solche mit einer Laterne, die zur Beleuchtung diente und zugleich die Füße des Reiters wärmte. Fahnenschuh hieß der Steigbügel, der zum Einstecken der Fahne diente; und auch Sporensteigbügel waren in Gebrauch.

kolorierte Zeichnung: Pferd mit Steigbügel, gehalten von Ritter in Rüstung mit Lanze - 13. Jh
13. Jh – ‚Steigbügel zur Ritterzeit‘

Der Steigbügel war sicherlich eine der bedeutendsten militärischen Erfindungen vor der Kanone. Ohne ihn wurde die Lanze vom Reiter am Oberarm gehalten und der Stoß allein mit der Armmuskulatur gegeben. Als der Sattel mit hohem Knauf und Pausche, dann mit Steigbügel versehen wurde, konnte der Stoß mit dem gesamten Gewicht des aufgezäumten Pferdes und Reiters ausgeführt werden, was eine grundlegende Änderung der Kriegstechnik zur Folge hatte.

(aus: Rudi Palla: Ein Kompendium der untergegangenen Berufe – TB, Goldmann Verlag, 1997)


Trensengebiss

snaffle bit [EN]  •  mors [FR]  •  morso [IT]  •  bridão [PT]  •  bocado [ES]  •  bit [NL]

Eine Trense – früher auch ‚Das Biss‘ oder ‚Stangenknebel‘ genannt – ist Bestandteil des Zaumzeugs für Pferde. Sie ist ein Mundstück mit Ringen an jeder Seite zum Einschnallen der Zügel. Sie wirkt auf das Pferdemaul und erzeugt, je nach Stärke des ausgeübten Zugs, Druck auf Zunge, Gaumen und Kinnlade des Pferdes. Ihr Dicke und Formgebung muss auf das Pferdemaul angepasst sein, damit das Pferd auch mit Trensengebiss im Maul unbeschwert kauen kann.

Zeichnung: Pferdekopf mit Trensenstange im Maul - 15. Jh
15. Jh. – [Antonio Pisanello]

Bevor Metall zur Trensenherstellung nutzbar war,
wurde organisches Material verwendet.

Farbfoto: gebogenes Geweihstück mit Aussparung für Pferdezunge
2. vorchristliches Jahrtausend – Trensenknebel aus Hirschgeweih

Trensen in anderen Kulturen

Von den seit dem 19./20. Jahrhundert maschinell hergestellten Trensen dürfen bei uns heute nur einige verwendet werden. Die von der FN (Deutsche Reiterliche Vereinigung e.V.) zugelassenen  T r e n s e n f o r m e n  sind:

Farbfoto: ledernes Zaumzeug mit Stangentrense - um 1940, USA
um 1940
  • a. Stangentrense – ungebrochene Trense, heute meist durch einen leichten Bogen oder mehrfache Biegungen dem Pferdemaul angepasst, plus Trensenringe
  • b. Wassertrense – einfach gebrochene Trense, bestehend aus zwei gleich langen Mundstückteilen, die über ein Gelenk miteinander verbunden sind, plus Trensenringe
  • c. doppelt gebrochene Trense – bestehend aus drei Teilen, die beweglich miteinander verbunden sind, wobei das mittlere meist kürzer ist als die beiden äußeren Teile, plus Trensenringe
  • d. D-Ringtrense – hat zum Maul hin abgeflachte Trensenringe
  • e. Olivenkopftrense – hat zu den Enden olivenförmig verdickte Mundstücke und gehen trennungslos in die Ringen über
  • f. Knebeltrense – hat an den Enden der Mundstücke je eine Querstange vor dem Trensenring

Nicht zugelassen sind: Aufziehtrense, Crescendotrense, Doppeltrense, Kettentrense, Löffeltrense, Rollentrense und Schlangentrense. Diese gelten als den Pferden unzuträglich, teils sogar tierquälerisch, deshalb seien sie auch nur der Vollständigkei halber angeführt.


Kandarengebiss

curb bit [EN]  •  mors [FR]  •  morso [IT]  •  bridão [PT]  •  bocado [ES]  •  gebitstang [NL]

Eine Kandare ist ein nicht gebrochenes Gebissstück mit Hebelwirkung, die entwickelt wurden, um eine gegenüber herkömmlicher Trensen vermehrte und verfeinerte Einwirkung auf das Pferd zu ermöglichen. Der Oberbaum ist mit dem Backenstück des Kandarenzaumes verbunden, während die (längeren) Unterbäume mittels Ringen an ihren Enden mit den Zügeln verbunden sind. Zusammen mit einer Kinnkette, die unter der Kinngrube des Pferdes durchgeführt wird und seitlich im Bereich der oberen Stangenenden an Kinnkettenhaken eingehängt ist, wird die Hebelwirkung erzeugt. Wegen der schärferen Einwirkung der Kandare müssen sowohl Reiter als auch Pferd einen fortgeschrittenen Ausbildungsstand haben.

Zeichnung: Pferdekopf mit Kandarenzäumung
Kandarenzäumung

Das Pelham ist ebenfalls ein ungebrochenes Stangengebiss mit Hebelwirkung und wird mit zwei Zügelpaaren geritten – das neben dem Gebiss befestigte Zügelpaar wirkt ähnlich wie Trensenzügel und das am Unterbaum angebrachte Zügelpaar wirkt wie Kandarenzügel. Das Pelham kann für jüngere Pferde empfehlenswert sein, die erst an die Kandare gewöhnt werden sollen.

schematische Darstellung
Kandarengegiss
schematische Darstellung
Pelhamgebiss

Striegel

currycomb [EN]  •  étrille [FR]  •  striglia [IT]  •  escove [PT]  •  almohaza [ES]  •  roskamm [NL]

Farbfoto: Kardätsche und Kunststoffstriegel
moderne Kardätsche und Striegel

Striegel dienen insbesondere zur Pferdepflege. Mit Striegeln wird das Fell gegen den Strich gebürstet und dadurch grob gereinigt. Außerdem werden damit die muskulösen Körperpartien massiert. Ursprünglich bestanden die vom Sporenschmied hergestellten Striegel aus Metall, die gezähnte Rippen aufwiesen; heute sind sie auch aus Kunststoff oder Gummi erhältlich.

Nachdem das Fell mit Striegeln angerauht wurde, wird es mit einer Kardätsche (einer relativ feine Bürste)  sauber gereinigt und glatt gestrichen.


Kupferstich: Männer lassen sich von Knaben mit Strigiles bearbeiten
‚Verwendung von Strigiles in Römischem Badehaus

Übrigens leitet sich die Bezeichnung Striegel vom lateinischen  ‚Strigilis‘  ab.
Das war ein schmales gekrümmtes Instrument der Körperpflege,
mit dem sich die Römer in der Antike Schweiß und Schmutz
von ihrem vorher eingeölten Körper schaben ließen.


Zeichnung: ein Paar Sporen