Der Guillocheur

wellenförmiges Muster

Rückseite Taschenuhr

Der Berufe des Guillocheurs ist wohl nach seinem Erfinder ‚Guillot‘ benannt.
Guillochen stellen eine spezielle geometrische Form von Schraffur dar und ist häufig auf Geldscheinen, alten Uhrenrückseiten und Metalldosen zu finden. Sie werden mittels einer Konstruktion gestichelt, bei der man einstellen kann, in welchem Rhythmus und Winkel sich die zu bearbeitende Metallplatte drehen soll. Dadurch erhält man symmetrische Muster, ähnlich denen, die man mit einem Zirkel erzeugen kann. Zum einen dienen sie als verzierende Elemente; bei den Banknoten aber auch als Fälschungssicherheit.


Berufsbezeichnungen

Guillocheur

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Berufsfamilie:  Metallbearbeiter
Graveur
verwandte Berufe:


metallene kleine Dose

Berufsbild des Guillocheurs

„A. Mechanisches Berufsbild

Guillocheur, vom französischen guillocher = einen Gegenstand mit Linien (zumeist Fäden) mittels eines Stachstichels verzieren. Es ist eine Art maschinelle Gravur, ein ‚Schneiden‘ zu Dekorationszwecken, meist Ganzflächenbehandlung von Metallgegenständen aus Gold, Silber und Ersatzstoffen (Alpaka, Neusilber, Messing), auch Perlmutter- Guillochierte Gebrauchsgegenstände sind z.B. Zigarettenetuis, der untere Rand von Fingerhüten, die Rückseite von Taschenuhren, Klein- und Silberwaren. Guillochieren ist eine alte Technik. Sie unterliegt der Mode, d.h. der Nachfrage nach guillochierten Artikeln ist nicht immer gleich stark.
Bei den gewöhnlichen Maschinen (Geradezug- und Rundzug) ist der Arbeitsvorgang genau wie beim Handgravieren. Bei der Graviermaschine dagegen wird der Grund fadenförmig ausgehoben. Handgravieren ist in seiner Wirkung charaktervoller, persönlicher und leicht von guillohcierter Arbeit zu unterscheiden.
Werkzeuge: Stichel, der in die Maschine eingespannt wird.
a) Der Geradezug (gerade verlaufend), b) der Rundzug (rundlaufend), c) die Graviermaschine.
Mit den ersten beiden Maschinen macht man ausschließlich Fäden, mit der letzteren Ornamente (Pferdekopf usw.)
Arbeitsvorgang beim Geradezug: Ein Hauptschlitten bewegt sich zwangsläufig auf und ab. In diesen ist ein Querschlitten eingebaut, welcher den zu guillochierenden Gegenstand trägt und die seitlichen Bewegungen, die sich auf den Profilschienen befinden, mitmacht. Der Support mit dem Schneidewerkzeug (Stichel( steht fest.
a) Ein Teil des Supports wird mit dem Stichel durch eine Spindelschraube nach rechts gezogen, in gleichen Abständen durch eine mit der rechten Hand auszuführende Schaltung nach jedem Faden, bis der Gegenstand fertig guillochiert ist.
b) Sollen dagegen verschiedenartige Fäden eingeschnitten werden, so wird entweder die Profilschiene nur um ein kleines versetzt, was wiederum durch eine Spindelschraube geschieht. Oder man benutzt zwei oder mehrere reihenweise nebeneinanderliegende Profilschienen, die man mittels einer Spindelschraube vor- udn rückwärts schieben kann, so daß ganz verschiedene Zeichnungen berücksichtigt werden, Die Bedienung der Maschine erfolgt durch Hand.
Guillocheurgeschäfte sind entweder Sonderbetriebe oder größeren Fabriken als Hilfszweig angegeliedert. Doch sind die Guillocheure in letzteren Fällen weitgehendst spezialisiert, so daß die Lehrlinge dort einseitig ausgebildet werden, während im ersten Falle alle Möglichkeiten vorkommen.
Aufstiegsmöglichkeiten: Zum Selbständigmachen ist ein Kapital von ca. 7000 bis 8000 Goldmark nötig. Guillocheure sind die bestbezahltesten Arbeiter, weil 8da Modesache) ausgebildete Leute fehlen.

B. Psychologische Berufsanalyse

Dieselbe ist von wesentlich anderem Ergebnis, als beim Goldschmied- Das geistige Inventar braucht nicht so umfassend zu sein wie beim montierenden Goldschmied. Denn der Guillocheur arbeitet ausschließlich mit Maschinen und außerordentlich wenig Persönliches in seine Arbeit hineinlegen.
Von den potentiellen Faktoren kann man sagen, daß eine durchschnittliche allgmeine Intelligenz genügt. Einen über den Durchschnitt begabten Jungen hält man für zu gut für das Guillochieren, da es eine mehr oder minder geistlose Arbeit ist, die nicht jeden befriedigen kann.
Von den Sinnesorganen müssen Auge und Hand besonders hohe Anforderungen erfüllen. Das Auge soll scharf sein, denn beim Ansatz der einzelnen Fäden handelt es sich um Spielräume von 1 mm. Der Guillocheur muß äußerst korrekt und genau arbeiten, falls seine Flächenverzierungen fein und exakt wirken sollen. Die Hand muß ruhig und sicher sein, darf nicht zittern, weil sich dies über den Support auf den Stichel überträgt und dadurch Verzerrungen entstünden. Mit dieser sicheren Hand muß sich ausgesprochenes Feingefühl für Druckgebung im Arm verbinden, das den Guillocheur befähigt, den Sticheldruck auf den zu schmückenden Gegenstand zu regulieren, da dieser trotz seiner ebenen Flächen doch für den sehr empfindlichen Stichel etwas Unebenes darstellt. Hier muß der Armdruck ausgleichend wirken, damit eine gleichmäßige Gravur entsteht. Bei Versagern (Lehrlingen mit schwerer Hand) erkennt man am besten die Notwendigkeit dieser Eigenschaft. Die gewinnen keinen gleichmäßigen Schnitt. Mädchen verfügen meist über eine leichtere Hand und eignen sich aus diesem Grunde besser für das Guillochieren. Doch unterliegen sie viel rascher als der männliche Guillocheur bei der Arbeit, weil jenen zumeist die nötigen effektiven Faktoren in geringerem Grade als diesen zur Verfügung stehen. Wir verstehen darunter große Geduld bei lang sich gleichförmig wiederholenden, oft recht einförmigen Fadenverzierungen in größeren Metallflächen. Hierher rechnet größte Propretät, unermüdliche Ausdauer, Beharrlichkeit, Aufmerksamkeit in Dauerkonzentration, Vermeiden von Tagträumen oder einem Nebenherdenken, trotz Wiederholung derselben Arbeiten.

C. Psychotechnische Eignungsprüfung.

Beim Guillocheur kann man auf diese verzichten, erstens weil der Zugang zu diesem Beruf sehr schwach ist, zweitens weil jede psychotechnische Allgemeinprüfung die nötigen Anhaltspunkte ergeben dürfte. Feingefühl für Druck in Hand und Arm kann durch Übung verbessert werden.“

(aus: Methoden der Wirtschaftspsychologie. Fritz Giese, 1927)


aus Meyers Konversationslexikon – 19.Jh.

verschiedene Muster die durch das Guillochieren entstanden sind
um 1890 – [Meyers Konversationslexikon]

„Guillochieren, das Einschneiden nach einem gewissen System geordneter Linien (Guillochen) auf zu verzierenden Flächen in nicht bedeutender Tiefe mittels eigner Vorrichtungen (Guillochiermaschinen). Jede Drehbank läßt sich zum einfachen Guillochieren leicht einrichten, indem man an dem Kopf der Spindel eine Scheibe befestigt, auf welcher ein Schlitten (Versetzkopf) senkrecht zur Drehspindelachse verschiebbar ist. Auf dieser ist das Arbeitsstück, z. B. eine Kreisscheibe, so befestigt, daß es um eine zur Spindelachse parallele Achse beliebig gedreht und in der jedesmaligen Stellung festgehalten werden kann. Wenn man nun den Versetzkopf so verschiebt, daß der Mittelpunkt der Kreisscheibe in die Spindelachse fällt, so beschreibt ein gegen die Scheibenfläche gerichtetes Werkzeug bei der Drehung einen Kreis. Verschiebt man dann den Versetzkopf in bestimmten Intervallen nach beiden Seiten aus seiner Mittelstellung und dreht in jeder Stellung die Drehspindel einmal um, so daß immer ein Kreis beschrieben wird, so erhält man eine ganze Reihe sich schneidender Kreise, deren Mittelpunkte in einer geraden Linie liegen (Fig. 1). Verschiebt man dagen den Versetzkopf aus seiner Mittelstellung, dreht dann die Spindel, so daß ein Kreis sich markiert, dreht nun das Arbeitsstück an dem Versetzkopf in regelmäßigen Abständen und läßt bei jeder Stellung wieder einen Kreis beschreiben, so erhält man eine Figur, die aus lauter mit ihren Mittelpunkten einen Kreis bildenden Kreisen zusammengesetzt ist (Fig. 2). Bei den eigentlichen Guillochiermaschinen ist die Spindeldocke nicht auf dem Bette der Drehbank unbeweglich befestigt, sondern um eine in der Höhe des Bettes befindliche, zur Spindelachse parallele Achse drehbar, so daß sie um diese hin- und herschwingen kann. Auf der Spindel befindet sich ferner eine Patrone, eine Scheibe, die an der Peripherie mit ähnlichen Ausbuchtungen und Einziehungen ausgestattet ist, wie sie die Figuren auf dem Arbeitsstück erhalten sollen. Der Rand der Scheibe wird nun von einer auf die Spindeldecke wirkenden Feder in jeder Stellung gegen einen horizontalen Stift (Taster) gedrückt. Bei der Drehung der Spindel wird die Patrone mit ihren Auszahnungen an dem Taster entlanggleiten und dabei der Spindel außer der Drehbewegung eine nach der Art der Auszahnung sich richtende oszillierende Bewegung erteilen, welche auf das an der Spindel befestigte Arbeitsstück übertragen wird, so daß auf demselben ein dagegengehaltenes Werkzeug Figuren beschreibt, die aus einer radialen und rotierenden Bewegung zusammengesetzt sind. Fig. 3 zeigt eine Patrone, mit deren Hilfe Figuren wie die Fig. 4 hergestellt werden können. Die Guillochen können sowohl auf der Buchdruckpresse als auch mit der Steindruck- oder Kupferdruckpresse gedruckt werden; im erstern Fall erscheinen die eingravierten Zeichnungen weiß, die Grundlage dagegen schwarz oder farbig, im letztern umgekehrt. Sie werden zumeist beim Druck von Wert- oder Staatspapieren in Anwendung gebracht, um deren Fälschung zu erschweren, zu welchem Behuf man gewöhnlich kleine, nur von dem Eingeweihten zu erkennende Veränderungen in der Zeichnung bei den verschiedenen Gattungen der Papiere eintreten läßt, welche als sichere Merkzeichen dienen sollen. In der Uhrmacherei wird das G. vielfach angewandt zur Verzierung der Uhrgehäuse, die Gold- und Silberarbeiter guillochieren Medaillons, Dosen, Leuchter, Griffe, etc.; für vielfach gebrauchte Gegenstände gleicher Größe und Form aber guillochiert man nur Stahlstanzen, welche man alsdann härtet und zum Prägen verwendet.“
(Quelle: Meyers Konversationslexikon, Verlag Bibliographisches Institut 1985-92)


Das Guillochieren im 19.Jh.

„Der Gravierung dem Wesen nach verwandt, aber ebenfalls ein mechanisches Verfahren ist das ‚Guillochieren‘, fast nur zur Belebung des Grundes, und wohl kaum vor dem i8. Jahrhundert an- gewendet. Von dieser Zeit an findet man es jedoch sehr häufig, namentlich bei den kleineren Gebrauchsgegenständen aus Gold: Uhrgehäusen, Flakons, Necessaire – Deckeln und besonders bei Tabaksdosen; bei eigentlichem Geschmeide dürfte es kaum vorkommen ebensowenig bei silbernem Gerät vor dem Ende des 18. Jahrhunderts. Das Guillochieren besteht in einer in schwachem Relief ausgeführten Flächenmusterung, die in mannigfaltigster Weise von der einfachen Schraffierung bis zu den kompliziertesten Linienverschlingungen, auch zu Ornamentaussparungen auf gemusterten Grund verwendet wird. Sie wird mit einer kleinen Maschine ausgeführt, welche auf dem Prinzip des „Storchschnabels“ beruht. Das eine Ende der letzteren trägt die Graviernadel, während das andere Ende mit einer stumpfen Spitze über eine meist in größerem Maße ausgeführte Schablone bewegt wird, deren Züge durch die Graviernadel dann in kleinem Maßstab auf dem Metall wiederholt werden. Von besonders glücklichem Effekt ist die Guillochierung als Untergrund für durchsichtiges Email, wobei die wechselnden Goldreflexe des gemusterten Untergrundes durch den farbigen Glasfluss hindurchscheinen: eine namentlich auf Tabatieren des 18. Jahrhunderts häufig angewendete Zierweise.“
(aus: Gold und Silber. Handbuch der Edelschmiedekunst. Ferdinand Luthmer, 1888)


Das Guillochieren im 20.Jh.

„Guillochieren ist das Gravieren mit Hilfe einer Maschine, welche regelmäßige Linien, vornehmlich Kreise in großer Feinheit eng nebeneinander legt oder auch überschneidet, so daß der Grund völlig überdeckt wird. Diese Technik ist aus der Drechslerei auf Metall übertragen, wo sie im XVIII Jahrhundert beliebt wird; im Beginn des XIX Jahrhunders hat sie vielfach die künstlerische Gravierung verdrängt, besonders für Uhrkapseln, Dosen und ähnliche Gebrauchsgegenstände, an denen glatte Flächen dem Verkratzen ausgesetzt wären.“
(aus: Gold und Silber. Julius Lessing, 1907 Berlin)

Ausschnitt Geldschein mit Vogelabbild

Werkzeuge und Materialen

Drehbank, Graviermaschine, Grabstichel, Winkelhebel, Metallplatte, Taststift, Schablone, Patrone, Pantograf, Gulliochiermaschine