Der Vogelfänger

Gemälde: drei auf einer Wiese rastende Vogelfänger
Farblitho: Vogelfänger im Gespräch mit vornehmem Herr
Vogelfänger und Aristokrat

Vogelfänger  erlegten und fingen Wildvögel allerlei Art, vor allem aber Singvögel –
sowohl zum Verzehr, wie auch als Schmuck- oder Stubenvögel zur Zierde und Erbauung.
Bis ins 19. Jahrhundert galt das Fangen von Vögeln in Europa als ehrbare Tätigkeit.

Farbfoto: lustig dreinblickendes Rebhuhn
wildes Rebhuhn

Der Vogelfang fand vor allem während der Vogelzugzeiten (Herbst / Frühjahr) statt und war folglich eher eine Neben-, denn eine Hauptbeschäftigung. Ab dem Frühmittelalter gab es Vogelfänger in allen gesellschaftlichen Ständen – während es für Ärmere nurmehr ein ‚Zubrot‚ bedeutete, war es für Aristokraten und Patrizier ein überaus beliebter Zeitvertreib. Vogler – wie Vogelfänger auch genannt wurden – waren schon vor der Antike bekannt und in vielen Teilen der Welt zu finden.


Berufsbezeichnungen

Vogelfänger,   Vogelsteller,   Vogler

>> in anderen Sprachen
Albanisch:
Bulgarisch:
Dänisch:
Englisch:bird catcher, birder, fowler
Esperanto:
Finnisch:
Französisch:oiseleur
Griechisch:
Isländisch:
Italienisch:uccellatore
Latein:aucellator, auceps
Niederländisch:vogelvanger
Norwegisch:
Polnisch:ptasznik
Portugiesisch:apanhador de pássaro
Rumänisch:
Russisch:птицелов
Schwedisch:
Slowakisch:vtáčnik
Slowenisch:ptica lovec
Spanisch:pajarero
Tschechisch:
Türkisch:kuş avcı
Ungarisch:

Berufsfamilie: Jäger
verwandte Berufe:  Falkner,   Jäger,   Vogelhändler


Utensilien, Hilfsmittel und Vorrichtungen

  • Armbust, Jagdgewehr, Lanze, Holzgabeln
  • Kescher, Reusen, Fangnetze, Schlaggarne, Schlagnetze (Netzkloben)
  • Vogelleim, Rohrstangen (harundo*), Äste (virga*) und Weidenruten
    …[* von den Römern stammende Bezeichnungen, wie wohl auch von selbigen
    …….das von ihnen ausgeübte Vogelfangen übernommen wurde]
  • diverse Kästen und Käfige
  • Lockvögel
  • Vogeltränke, Vogelfutter, Glöckchen, Schellen, Flöten … etc.
Federzeichnung: aufgespannte Netze als Fallen
1897, Italien [David Douglas]
  • Mindestens seit dem Mittelalter waren fest eingerichteten Fangplätze für Kleinvögel (meist mit Klappnetzanlagen) gebräuchlich. Im deutschen Sprachraum nannte man diese Vogelherde – waren die Beutevögel Finken, dementsprechend dann  ‚Finkenherd‘.  Flurnamen, wie  ‚Am Vogelherd‘,  ‚Vogelsberg‘,  ‚Vogelsperre‘,  erinnern noch heute an solche Fangplätze.
Holzstich: Vogelsteller beobachtet Klappnetzanlage - 1712
1712 – [Jacob Cats]

Vom  ‚Vögle-Fangen‘

Das Fangen mit Netzen, Reusen und Netzkloben

Die Vögel werden teils in kleine bis sehr große gespannte Netzwände getrieben, teils mit Wurfnetzen gefangen oder aber in Klappnetze, Reusen oder Kloben gelockt. Diese Art des Vogelfangens war in Deutschland weit verbreitet.

Klappnetze sind Konstruktionen aus zwei auf einen Rahmen gespannten Netzen. Wird die Falle ausgelöst, so klappen die beiden Netzflügel zusammen und umschließen die sich dazwischen befindenden Vögel, wobei diese in der Regel nicht verletzt werden. Die Beutevögel werden durch ausgelegtes Futter und Lockvögel in Käfigen angelockt. Haben sich genug Vögel versammelt, löst der Vogelsteller das Klappnetz durch Ziehen an den Seilen aus.

sw Foto: gefangener Kleinvogel in einem Netzkloben
Netzkloben

Netzkloben sind etwa 15 x 20 cm große, bei Berührung zuschnappende Kleinnetze. Sie besitzen einen Mechanismus, der vom Beutevogel ausgelöst wird, sobald er sich zwischen den Netzflügeln niederlässt. Der Vogel bleibt unverletzt, sollte aber zeitnah befreit werden, damit er nicht verhungert. Diese neuzeitlichen Fangvorrichtungen werden bis heute v.a. im österreichischen Salzkammergut verwendet, wo das Fangen von Singvögeln zum Brauchtum gerechnet wird.

Das nachfolgende  Video von 2014  zeigt das Einfangen eines Vogels mit einem Netzkloben in einer Voliere.

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Das Fangen mit Leim

Farbfoto: weißliche Mistelbeeren
Mistelbeeren

Als Vogelleim verwendete man klebrigen Beerensaft, der meist aus Mistelbeeren
(deren Fruchtschale aus Cellulose, Glucose und Pektinen besteht) gewonnen wurde..

Zum einen benutzte man mit Leim bestrichene lange Rohrstangen, mit denen die Vögel berührt wurden, so dass sie daran kleben blieben. Im Fachjargon heißt das ‚Dupfen‘ oder auch ‚Tupfen‘.

Zeichnung: in Blattwerk verborgener Mann mit Leimrute - 1500
um 1500 – [Hausbuch Wolfegg]

Zum anderen tunkte man Äste in Leim und steckte diese zur besseren Tarnung zwischen die Zweige eines Baumes oder Busches. Befreite man die festklebenden Vögel schnell, waren sie oft unverletzt und konnten dann ihrerseits selbst als Lockvögel dienen. Schon unseren Vorfahren in der Steinzeit ging Vogelvieh auf diese Weise auf den Leim.

sw Foto: mit Leimrute gefangener Vogel
mit Leimrute gefangener Vogel

Eine weitere Variante, die v.a. zum Fangen von größeren Wildvögeln eingesetzt wurde, bestand aus Weidenruten-Konstruktionen. Deren unterer Teil wurde in der Erde vergraben, die aus dem Boden ragenden Weidenruten mit Leim bestrichen und der Mitte ein Ködervogel angepflockt.

Das Fangen mit Lock- oder Ködervögeln

sw-Foto
Lockvogel im Käfig

Die meisten Fangweisen wurden mit Lockvögeln kombiniert, welche in Käfigen in die Nähe von Vogelfallen postiert wurden. Verwendet wurden Exemplare der Gattung der Beutevögel, die man zu fangen beabsichtigte.

Farbfoto: angepflockte Ködervögel hinter Nylon-Fangfnetz
angepflockte Ködervögel hinter einem Nylon-Fangfnetz

Als Ködervögel benutze man männliche Vögel, versah sie zwischen ihren Feder mit Leim bestrichenen dünnem Reisig, band sie an eine lange Schnur und ließ sie andere Vögel anlocken. Handelte es sich bspw. um Finken,  nannte man das den Finkenstich.

Das Fangen mit Schlaggarnen

Federzeichnung: Vogel vor Falle
1897, England – [David Douglas]

Die Schlaggarne waren kleine, halbrunde, deckelartige Fallen aus geflochtenen Weidenruten oder Netz, die man neben einer Erdkuhle mit einem Holzpflock im Boden verankerte. An dessen oberem Ende befestigte man mit Garn einen Stock, der über den Deckel gehängt diesen offen hielt. Mithilfe von Mehlwürmern, die in das gespalten untere Stockende geklemmt wurden, köderte man die Vögel. Holte sich der Vogel den Wurm, klappte die Falle zu. Diese alte, pfiffige Konstruktion wurde vor allem zum Lebendfang von Nachtigallen angewandt.

Das Fangen mit Kästen

sw Foto: im Gras stehender Fangkasten mit geöffnetem Deckel
1951, Slowenien – Fangkasten [Jernej Šušteršič]

Hierzu benutzt man kleine hölzerne Kästen, in der Art eines Vogelkäfigs, an deren oberer Öffnung ein Schließmechanismus angebracht ist  (in der Regel ein eingespanntes Stöckchen, welches den Deckel offen hält).
Sobald sich ein Vogel – angelockt von Futter – in den Kasten wagt, verschließt sich der Deckel und er sitzt somit in der Falle.


Wissenswertes & Lustiges

Der Vogelfänger in der Kunst

Briefmarke: 200 Jahre Uraufführung der ZAUBERFLÖTE 1791 mit Portrait von Mozart
1991 – Gedenkbriefmarke [BRD]

Der berühmteste Vertreter der Vogelfänger dürfte
die Kunstfigur PAPAGENO aus Mozart’s  ZAUBERFLÖTE  sein;
nicht zuletzt ob des lustiges Vogelfängerliedes,
welches dieser in der Oper zum besten gibt.

Holzstich: Vogelfänger im Federkleid, umgeben von Käfigen und Vögeln

Die erste Strophe geht wie folgt:

Der Vogelfänger bin ich ja,
Stets lustig, heissa, hopsassa!
Ich Vogelfänger bin bekannt
Bei Alt und Jung im ganzen Land.
Weiss mit dem Locken umzugehn
Und mich aufs Pfeifen zu verstehn.
Drum kann ich froh und lustig sein,
Denn alle Vögel sind ja mein.

Viele Papagenos


Anekdote

Wer reich genug war, konnte es sich leisten, einen berufsmäßigen Vogler einzustellen …

Wie der Vogelfänger Philipp von Lombeck in das Rheinland kam

Philipp von Lombeck war ein Sohn des Johann von Lombeck, Bürgermeister der Stadt Löwen in den Niederlanden (starb 1581). Philipp war ein geschickter und anmutiger Vogelfänger. Von ihm wird folgende Geschichte überliefert:
‚Als bei der Durchreise des Kurfürsten Maximilian Heinrich (Kurfürst und Erzbischof von Köln) durch Löwen diese Stadt verschiedene Festlichkeiten veranstaltete, wurde auch ein Volgelschießen, worin die Niederländer sowohl mit Bogen als Armbrust von jeher als geschickte Schützen bekannt sind, in dem Hause des Herrn Bürgermeisters Aegidius von der Vorst, zur Ergötzlichkeit Seiner Kurfürstlichen Durchlaucht gegeben. Hier zeichnete sich der junge Philipp durch seine Geschicklichkeit und Liebenswürdigkeit so sehr aus, dass der Kurfürst ihn von seinem Vater begehrte und ihn als Vogler und Page nach seinem Hofe mitnahm … ‚

(aus NAVES HISTORIA von Franz Josef Blümling)

bemaltes Schild 'Kaiserkönigl. landedesbefugter Vogelfänger'

Fabelverse

Vom Vogler und einer Droschel

Holzstich: Vogelfänger hockt neben gespanntem Fangnetz am Boden
Vogelfang mit großen Netzen

Ein Vogler het sein Netz gestalt auf einen Platz in grünem Wald.
Das sah ein Droschel hoch dort oben, dass er das Garn, Hütten und Kloben
het ausgestellt; sie floh hinzu, grüßt in und fragt, was er da tu.

Er sprach: »Ich wil ein Stadt hie bauen.« Sie glaubts und wolts noch baß beschauen,
floh baß hinzu; da bliebs bekleben. Da sahe sie, dass es galt ir Leben,
Sie sprach: »Wiltus nicht anderst bginnen, wirst nicht vil alter Bürger gwinnen.«


Von der Nachtigall und dem Sperber

Es sang die liebe Nachtigall auf eim Baum, dass im Wald erschall.
Auf einer Buchen singen tet, da sie ir Nest mit Jungen het.
Dasselb ein Sperber ward gewar; floh hin, wolt sie auffressen gar.
Die Mutter bat. Er sprach: »Wil nit ir schon, du singst mir denn ein Liet.«
Die Nachtigall hub an zu singen, dass tet im weiten Wald erklingen,
Sang mit dem Maul, ir Herz fürwar betrübt und ser beengstet war.
Der Sperber sprach: »Das ist geklagt mer denn gsungen, drumb mirs nit bhagt.«
Fraß ire Jungen; da sie’s sach, ein scharpfes Schwert ir Herz durchstach.

Holzstich: hinter Baum lauernder ein Vogelfänger mit Leimrute
Vogelfang mit Leimrute

In dem ein Vogler kam geschlichen,
Het sein Leimruten fein bestrichen,
Darin der Sperber blieb behangen.
Die Nachtgall sah, dass er gefangen
Und von dem Vogler ward bestrickt.
Da ward ir Herz zum teil erquickt.

Wer hat gefürt ein böses Leben, dem wird ein böses End gegeben.
Und wer mit Unrecht zwingt die Frummen, mag zu keim guten Ende kummen.
Bilch ist’s, dass solchen also get, gleich wie im Psalm geschrieben stet:
Dass dem, der’s Frommen nicht verschont, mit gleicher Bzalung werd gelont.
Auf dass die, den Unrecht geschehen, sich freuen, wenns ir Feinde sehen.
Dass in wird wider Heim gebracht das Leit, welch sie selb hetten gdacht,
Auf die Unschuldigen zu brengen, selb bleiben in dem Strick behengen.


junger Vogelfänger mit Kasten
1846

geschnitzte Voglerfigur