Der Wichsenmacher

drei runde, alte Schuhcremedosen

Wichsenmacher  stellten bis Anfang des 20. Jahrhunderts in handwerklicher Produktion
Schuhwichse, das bis dato übliche Lederpflegemittel für Schuhe, her.

sw Grafik: runde Schuhcremedose mit Soldatenmotiv - 1887

Der Begriff  Wichse  wird allgemein für wachsartige Putzmittel
verwendet, die eine Oberfläche zum Glänzen bringen.
Auch die spätere Schuhcreme wurde umgangssprachlich
teils weiterhin als Schuhwichse oder auch Schuhwachs bezeichnet.


Berufsbezeichnungen

Wichsenmacher,     Schuhcrememacher

verwandte Berufe:    Schuh- und Stiefelputzer


Schuhwichse – Arten, Vorteile, Nachteile

    • F e t t e   W i c h s e   bestehen aus einer Mischung von Fetten (Öl, Talg, Wachs, Harz) mit Ruß. Sie hält Leder geschmeidig und wasserdicht. Je reicher sie an Harz und Wachs ist, umso mehr Glanz wurde erzielt. Doch haftet sie auch dementsprechend weniger am Leder; dafür ärgerlicherweise an Beinkleid und Rock. Fette biologischen Ursprungs können obendrein ranzig werden und langfristig zum Fettfraß führen.
    • S e i f i g e   W i c h s e n   (Seife, Leim, Gummi, Zucker) geben matten Glanz, nehmen aber weniger Staub an als die fetten Wichsen. Im Gebrauch stehen sie letzteren nach, sind aber immer noch besser als die wässrigen Wichsen.
    • W ä s s r i g e    W i c h s e n   (Zucker, Gummi, Eiweiß), welche schönen Glanz liefern und sich leicht abputzen lassen, wenn sie staubig geworden sind. Diese Wichsen halten jedoch Wasser nicht ab und machen Leder langfristig spröde.
    • E n g l i s c h e   G l a n z w i c h s e n   enthalten Gummi, Olivenöl und sog. ‚Beinschwarz‘ (ein erhitztes Gemisch aus Sirup, Knochenkohle und Schwefelsäure). Die konzentrierte Schwefelsäure zeitigt beim Erhitzen eine teilweise Verkohlung. Die Anwendung dieser Wichsen ist also problematisch und nicht zu empfehlen, wenn das Leder nicht leiden soll.

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    Die Arbeit der Wichsenmacher

    Farbfoto: Dose mit schwarzer SchuhwichseWer kannte früher Schuhcreme? Da ging man zum Kaufmann und holte sich eine Schachtel Schuhwichse für 5 oder 10 Pfennige. Und wer gleich mehr haben wollte, der nahm eine kleine Kruke oder Flasche voll Stiefelwichse. Mit Speichel oder etwas Wasser wurde die feste Wichse verdünnt und dann auf das Schuhzeug aufgetragen. Und die Schuhe bekamen auch ihren Glanz, wenn auch nicht so schnell.
    Die Herstellung der Wichse war ein Geheimnis und wurde als solches streng geheim gehalten, damit sich dies Geschäft auch lohnte; drum gab es auch nur verhältnismäßig wenig Wichsemacher. Wohnte auch in dieser oder jener Stadt einer, so fand man sie am meisten in den Wald- und Gebirgsgegenden unserer Heimat.
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    Ein Rezept war folgendermaßen:

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    Farbfoto: alte Steingutflaschen für Flüssigwichse
    ‚Warren’s Liquid Blacking‘ bottles – Charles Dickens Museum, London


    Kupferstich: Mann mit Rückenkiepe voller Kienruß
    Wichsenmacher mit Kienruß in Kiepe – 1887, Frankreich [Victor Fournel]

    Zu einem ½ Ztr. Zuckermelasse kam ebensoviel Frankfurter Schwärze (sog. Leimschwärze). Statt dieser Schwärze nahm der Waldbewohner natürlich Kienruß  (seine Schwärze blieb darum mehr grau). Melasse und Schwärze / Kienruß wurden gut miteinander verrührt. Dann kochte man 1 Pfd. Alaun in 5 l Wasser gut auf und vermengte dies mit dem Übrigen. Nachdem dies Gemenge ungefähr einen ½ Tag geruht hatte, gab man unter stetem Umrühren langsam 10 Pfd. Schwefelsäure hinzu. Ungefähr 1 Std. dauerte es, bis sich diese Masse erst wieder beruhigt hatte und genügend gesackt war. Jetzt wurden noch 10 Pfd. Fett oder Baumöl oder dergleichen unter das ganze gerührt. Die Wichse war nun zum Verkauf fertig; da sie aber noch dickflüssig war, so konnte sie nur in Flaschen abgegeben werden.
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    Die Wichse dagegen, welche in Schachteln verkauft werden sollte, mußte erst noch gehörig eingedickt werden. Dies geschah dadurch, daß man 5 l Wasser mit 3 Pfd. Eisenvitriol aufkochte und es gut mit der fertigen, flüssigen Stiefelwichse verrührte.

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    Farbfoto: alte Reklame für Büffelschmiere
    alte Reklame – Spanien

    Ebenso beschäftigten sich früher manche Leute auch mit der Herstellung einer besonders gerühmten Schuhschmiere. Diese Leute ließen das Darmfett der Schweine usw. in einem Topfe ausbraten und mengten dahinein noch mancherlei geheime Mittel, besonders aber wieder Kienruß. Die Schmiere mußte aber vor dem Gebrauch immer erst angewärmt werden, damit sie sich leichter auf dem Leder verteilen ließ.

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    [Ernst Bock  ‚Alte Berufe Niedersachsens‘ – 1926]


    Das Ende der Wichsenmacher

    Farbfoto: Schuhcremedose
    ‚Erdal‘- Schuhcreme, 1903-1918

    Der Chemiker Philipp Adam Schneider entwickelte für die Mainzer ‚Wachswarenfabrik Werner & Mertz‘ die erste moderne  S c h u h c r e m e  der Welt namens ‚Erdal‘. Für diese wurde mit Wirkung ab dem Jahr 1901 ein Patent in Deutschland erteilt und löste die Schuhwichse ab.

    Im Zusammenhang mit der nunmehr industriellen Produktion, die weltweit diverse weitere Schuhcreme-Hersteller zeitigte, läutete dies den Niedergang des Handwerksberufes der Wichsenmacher ein.


    Schuhcremes aus dem frühen 20. Jahrhundert

    Farbfoto: alte Schuhcremedose aus Blech

    S c h u h c r e m e ,  (schwed. und österr.) auch Schuhpasta, ist ein teilsynthetisch wachshaltiges, salben-, pasten- oder gelartiges Gemisch zur Lederpflege.

    Unterschieden wird anhand ihrer Konsistenz in zwei Hauptgruppen:
    Hartwachscremes (angeboten in Dosen) und Emulsionscremes (angeboten in Tuben).
    Heute gibt es auch sog. Ledermilch in Kunststofffläschen.


    Farbfoto: alte Spardose aus Blech mit Spruch