Essigmacher produzieren mittels Fermentation alkoholhaltiger Flüssigkeiten mit Essigsäurebakterien
das sauer schmeckendes Würz- und Konservierungsmittel, welches ESSIG (lat. acētum) genannt wird.
„Auch wird aus Wein, Bier, Birnen, Aepfeln und andern dergleichen Säften,
ein Essig bereitet, der sowohl in der Küche, als bey manchen Berufsgeschäften
und in der Apotheke von unaussprechlichen Nuzen ist.
Es giebt vornehmlich Weinessig und Bieressig. „
(aus: J.S. Stoy ‚Bilder-Akademie für die Jugend‘ – Nürnberg, 1784)
Berufsbezeichnungen
Essigmacher und Essigmacherin, Essigbrauer, Essigdestillateur, Essigsieder – (veraltet) Hefner, Heffner
Essigmacher in anderen Sprachen
bitte hier aufklappen:
Bulgarisch: | производител оцет |
Englisch: | vinegar maker |
Französisch: | fabricant de vinaigre, vinaigrier, vinaigrière |
Italienisch: | creatore di aceto |
Niederländisch: | azijnmaker |
Polnisch: | wytwórca octu |
Portugiesisch: | fabricante de vinagre |
Russisch: | производитель уксуса |
Spanisch: | fabricante del vinagre |
Türkisch: | sirke yapımcıları |
Spezialisierung: Essighändler, Essigtester
verwandte Berufe: Bierbrauer, Schnapsbrenner, Senfmacher, Winzer
Zunftzugehörigkeit
Aus dem Mittelalter sind insbesondere französische Essigmacher bekannt – erstmals registriert wurden Essigdestillateure 1394 in Paris. Im Jahr 1580 verlieh König Heinrich III vier Essigmanufakturen von Orléans den offiziellen Status einer Gilde, was ihnen das Monopol der Essigherstellung sicherte.
Im deutschsprachigen Raum gab es keine eigenen Zünfte der Essigmacher -denkbar ist, dass sie sich ggf. Zünften der Bierbrauer oder Winzer anschlossen.
Der Heffner
Es kan von Frommen auch böses kommen.
Trau nicht der Wollust-süssen Sünd‘,
ihr Ende macht die Augen fliessen.
Der Essig ist von Wein ein Kind,
Der Sünde Frucht, Qual im Gewissen.
Beißt diese: Lauff zum Kreuzes-Stammen,
Trinck Trost aus JESUS‘ Essig-Schwammen.
[Christoph Weigel – 1698]
Essigmacher bei der Arbeit
Herstellungsverfahren
Grundlage der traditionellen Essigherstellung
sind alkohol- oder zuckerhaltige Flüssigkeiten.
In der industrialisierten Essigproduktion überwiegt inzwischen allerdings die Verwendung von verdünntem reinen destillierten sog. ‚Agraralkohol‘ (bspw. Primasprit, Trinkspiritus oder Weingeist) oder sog. ‚Verarbeitungswein‘ (d.h. Wein unterster Qualitätsstufe) als Grundstoff.
Orléans-Verfahren (Oberflächenverfahren)
Diese Vefahren folgt einer Tradition, die schon vor 5000 Jahren praktiziert wurde: alkoholische Getränke (bspw. Bier oder Wein) wurde in Tonkrügen, mit Tüchern abgedeckt einfach ruhen gelassen. Durch diese Tücher konnten – wie wir heute wissen – Essigsäurebakterien (die auf natürliche Weise in der Luft existieren) in die Krüge gelangen und sich auf dem Wein absetzen.
Die Essigmacher von Orléans rekultvierten diesen Prozess der Oberflächengärung – soll heißen: der Fermentationsvorgang wird in offenen Behältern sich selbst überlassen. Nach einiger Zeit bildet sich auf der Flüssigkeitsoberfläche eine Kahmhaut der alkoholverwertenden Bakterien, die sog. ‚Essigmutter‘. So verwandelt sich das alkoholische Ausgangsprodukt langsam in das Oxidationsprodukt Essig. Ist der Alkohol vollständig in Essigsäure umgewandelt, wird der Essig unter der Haut vorsichtig abgelassen.
Diese Form der Essigherstellung dauerte in ihren Anfängen 6 bis 12 Monate.
Die Essiggärung kommt schneller in Gang, wenn eine bereits vorhandene Essigmutter bzw. eine konzentrierte Flüssgkeit, in der eine solche einlag, verwendet wird.
Schnellessigverfahren (Fesselverfahren) –
Spanbildnerverfahren (Generatorverfahren)
Der deutsche Chemiker Sebastian Karl Schüzenbach führte 1817 die Methode ein, Essig auf schnellem Weg herzustellen. Dabei wird Maische über ein mit Essigbakterien ‚geimpftes‘, schwimmendes Trägermaterial (in der Regel Holzspäne) gepumt. Die Späne vergrößern die Gesamtoberfläche an der sich die Essigbakterien ansiedeln (sprich: gefesselt werden) können, und die somit größere Menge an Bakterien beschleunigt die Umwandlung. Diese geniale Idee erlaubte es Schützenbach, Essig in nur 10 Tagen zu erzeugen.
‚Schützenbach-Essig‘ hat zwar nicht die gleiche Qualität wie ein ‚Orléans-Essig‘, da aber erheblich billiger herzustellen, wurde er zu einem jedermann zugänglichen Produkt.
Eine Weiterentwicklung ist das Rundpump- oder Umwälzverfahren. Dabei werden die Späne in einem zylindrischen Behälter (Essiggenerator) beständig mit Maische überrieselt und von unten mittels Gebläse mit der von den Bakterien benötigten Frischluft versorgt. Auf diese Weise kann die Fermentation noch weiter beschleunigt werden, so dass sich dieses Verfahren sich zur Herstellung in größeren Rahmen eignet.
Submersverfahren
Bei diesem Verfahren wird kein Trägermaterial benötigt, stattdessen schweben die Essigbakterien in einem großen Behälter frei im flüssigen Ausgangsmaterial. Mittels einem rotierenden Belüfters wird Luft angesaugt und in feinen Bläschen in der Flüssigkeit verteilt (Venturi-Verfahren), um die Bakterien kontinuierlich mit Atmungssauerstoff, zu versorgen.
Ist der Inhalt zu Essig geworden, wird die Hälfte abgelassen und neue Maische hinzu gepumpt. Die im verbliebenen Rest verbliebenen Bakterien sorgen für die Fortsetzung des Gärungsprozesses.
Die Produktion dauert in einfachen Venturianlagen 2 bis 3 Tage,
während in einer Turbinenanlagen nur 24 Stunden benötigt werden.
Solaraverfahren (Umfüllmethode)
Das Solera-System ist eine klassische Veredelungsmethode, die insbesondere bei der Herstellung von Balsamessig, aber auch zur Qualitätssteigerung von Weinessig Anwendung findet.
Der Essig wird peu a peu durch eine Reihe (Batterie) immer kleiner werdender Fässer transportiert. Diese sind nur mit einem Tuch bedeckt der Luft ausgesetzt, um Verdampfung und den Eintritt von Sauerstoff zu ermöglichen.
Nur dem ersten (also dem größten) Fass wird frische Flüssigkeit zugeführt, während in die anderen eine Menge schon teilgealterter Essenz umverlagert wird. Im letzten (also kleinsten) Fass befindet sich immer das fertige Produkt.
Die entnommene Menge fertigen Essigs, die dem kleinsten Fass entnommen wurde, wird in gleichem Maß aus dem nächst größeren ergänzt und so fort bis zum Anfang der Batterie. Zum Schluss wird das größte Fass mit Traubenmost der neuen Ernte aufgefüllt. Da die Fässer nie ganz geleert werden, halten die verbliebenen Essigbakterien den Gärungsprozess in Gang.
Wissenswertes über Essig
Essig gehört zu den ältesten Haltbarkeitsmitteln der Welt. Bereits die alten Ägypter, Perser, Römer, Griechen und Babylonier verwendeten (z.B. aus sauer gewordenen Fruchtsäften gewonnenen) Essig.
Essigsorten
Traditionell hergestellten Gärungs-ESSIG unterscheidet man nach dem Ausgangsstoff, der für die zuerst alkoholische
und die daran anschließende Essigsäure-Fermentierung unter Nutzung von Essig-Bakterien eingesetzt wird.
- Balsamessig ← aus eingekochtem Traubensaft
- Branntweinessig ← aus verdünntem Branntwein
- Frucht- oder Obstessig ← aus Fruchtsaft
- Gemüseessig ← aus Gemüsesaft
- Getreideessig ← aus Malz- oder Biermaische
- Honigessig ← aus Honigwein (Met)
- Molkenessig ← aus Molke
- Reisessig ← aus Reiswein (Sake)
- Weinessig ← aus Wein
Essig-Essenz
Eine simplere Methode ist, Essig durch Verdünnung von Essig-Essenz herzustellen.
Essig-Essenz zeichnet sich durch einen höheren Säuregehalt (heute max. 25%) aus und wird auf der Basis von Essig-Säure hergestellt (Säureessig). Diese wird entweder natürlich durch die Verarbeitung von Holzabfällen, insbesondere Buchen-Holz, (Holzessig) oder aber synthetisch (Industrieessig) gewonnen.