Die Ziegenhirten

Berufsbezeichnungen

Ziegenhirte, Ziegenhirtin, Zeegenheier (niedersächsisch), Ziegenpeter

Ziegenhirte in anderen Sprachen

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Bulgarisch:козел xердер
Chinesisch:
Dänisch:gedhyrde
Englisch:goatherd, goatherder
Esperanto:
Estnisch:
Finnisch:
Französisch:berger de chèvres, chevrier
Griechisch:
Irisch:
Isländisch:
Italienisch:capraio
Japanisch:
Kroatisch:
Latein:opilio
Lettisch:
Luxemburgisch:
Litauisch:
Niederländisch:zegenherder
Norwegisch:geitgjeter
Polnisch:pasterz kóz
Portugiesisch:cabreiro
Rumänisch:
Russisch:пастух козы
Schwedisch:get(a)herde
Serbisch:
Slowakisch:
Slowenisch:
Spanisch:cabrero
Tschechisch:
Türkisch:çobane keçi
Ukrainisch:
Ungarisch:kecskepásztor
Zulu:

Berufsfamilie:  Hirten
verwandte Berufe: Kuhhirte, Pferdehirt, Schweinehirt, Gänsehirt, Schäfer


Die  Ziegenhirten zogen mit den ihnen anvertrauten Tieren über Wiesen oder zugewiesene Weideflächen zum Äsen.
Sie hatten Obacht zu geben, dass den Ziegen nichts passierte und natürlich auch Sorge zu tragen, dass sie mit der vollzähligen Herde abends ins Dorf zurückkehrten.

Ziegenhirte auf der Alp von Ziegen umringt
AK: schwarzbraune Ziege knabbert Blätter von einem Strauch

Es ist gut, daß immer noch Plätzchen auf der Welt sind, die niemandem gehören, wo die Armen ihr Gras sammeln können.
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Wo aber der Fuß des Menschen kaum mehr einen Halt findet, da klettert noch die Ziege, die Genossin der Armen, umher, um sich ein frisches Kraut oder ein schmackhaftes Läublein zu holen.
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[Berthold Auerbach  (1812-1882)   ‚Lauterbacher Dorfgeschichten‘ ]


Der Zeegenheier   (Ziegenhirte) 

In manchen Gegenden Niedersachsens war früher auch der Zeegenheier eine alltägliche Erscheinung.
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sw Foto: Hirte mit Horn u. Hund verlässt Dorf mit Ziegen
1923 – ‚Aufbruch am Morgen‘

Wo die Gegend zu bergig und sich nicht recht für die Landwirtschaft eignete, hielten die Leute sich eben viele Ziegen, die dann der Hirt vom Frühling bis in den Spätherbst hinein tagsüber an den Berghängen weidete. Morgens gegen halb sechs Uhr tutete der Ziegenhirt bereits im Dorfe; dann mußten die Ziegen schon gemolken sein. Aus allen Ecken und Winkeln kamen ihm dann die munteren Tiere unter allerlei Bochsprüngen entgegen. Recht schnell zog dann der Hirt mit seinen Tieren fort, damit die Langschläferinnen anderen Leuten zum Gespötte ihre Ziegen selber nachbringen mußten.
Es war recht schön anzusehen, wie geschickt die Tiere an den Bergen umher kletterten. Abends kehrte dann der Hirte zeitig genug heim, damit die satten Tiere wieder gemolken werden konnten.
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Das Amt eines Ziegenhirten brachte meist nicht viel ein. Er wohnte gewöhnlich im Armenhause und aß sich bei den Ziegenbesitzern mit durch. Bargeld gab es natürlich auch nur recht wenig. Während der Verkoppelung wurden meist die Ziegenanger mit aufgeteilt. Oder man bepflanzte die Hänge mit Obst. Oder auch aus noch mancherlei anderen Gründen wurden die Ziegen immer mehr abgeschafft. Schließlich war dann der Ziegenhirt überflüssig geworden. 
Darum begegnen wir ihm heutzutage wohl nur noch selten.

[Ernst Bock  ‚Alte Berufe Niedersachsens‘ – 1926]



Ziegenhirten in anderen Ländern


Hütekinder mit Ziegen


Die Ziege als Nutztier

Nach dem Hund und neben dem Schaf gehört die Ziege zu den ersten wirtschaftlich genutzten Haustieren.
Ihre Domestizierung begann wahrscheinlich schon vor dem 11. Jahrtausend v. Chr. im vorderen Orient.

Farbfoto: 'Szene mit Ziegen' [Grabrelief von Sakkara, Detail]
um 2450 v. Chr, Ägypten

Von landwirtschaftlicher Bedeutung war die Hausziege bereits in der Antike; sie ist es bis heute in Kleinasien, Zentralasien und der Mongolei.

Auf deutschem Boden waren Ziegen wie Schafe bereits feste Bestandteile der ältesten bäuerlichen Kultur, also zur Zeit der Bandkeramik.

1680 – Ziege mit Zicklein – Berchem

Ziegen liefern Fleisch, Leder, Milch (mehr als Schafe) und mitunter auch Wolle. Sie wurden auch als die  ‚Kuh des kleinen Mannes‘  bezeichnet, da sie einfacher zu ernähren und zu halten sind, wenn man über wenig Platz und Futter verfügt. Insbesondere wurden und werden sie in bergigen Landschaften gehalten und können aufgrund ihrer Kletterfähigkeiten auch dort genutzt werden, wo die Haltung von Rindern nicht mehr möglich ist.

Gemälde: Bauern unterwegs mit 2 Ziegen als Lasttiere - 1900
um 1900

Bis Anfang des 20. Jahrhunderts war auch in Europa die Nutzung der Ziege als Last- und Zugtier weit verbreitet.

sw Foto: Bauer führt Karren ziehende Ziegen an der Leine - 1920
um 1935

Die erstaunlich kräftigen, genügsamen und robusten Ziegen wurden vor Kutschen und Wagen gespannt und, so keine größeren Tiere verfügbar waren, auch zum Pflügen verwendet. In bergigem Gelände dienten Ziegen als Last- und Reittiere.

In Deutschland werden Ziegen heute auch in der Landschaftspflege eingesetzt. Hier eignen sie sich insbesondere zur Eindämmung der Verbuschung an Steilhängen, bei denen eine manuelle Gehölzbeseitigung zu personalintensiv und daher teuer wäre.


Dies &  das aus der Welt der Ziegen

Die beiden Ziegen

s/w Illustration: Zwei Ziegen kämpfen auf einem Steg über einem reißenden Sturzbach
1868 – (c) Gustave Dore

Zwei Ziegen trafen sich auf einer schmalen Brücke, die über einen tiefen Fluß führte. Die eine wollte auf diese Seite, die andere wollte auf die andere Seite des Flusses.

»Geh mir aus dem Weg!«  meckerte die eine.
»Du bist gut!«  meckerte die andere.  »Geh du doch zurück und laß mich zuerst hinüber.
Ich war auch als erste auf der Brücke
»Was fällt dir ein?«  antwortete die erste.  »Ich bin viel älter als du und soll zurückgehen? Sei etwas höflicher! Du bist jünger, du mußt nachgeben!«

Aber beide waren hartnäckig. Keine wollte zurückgehen, um die andere vorzulassen. Erst haben sie geredet, dann geschrien und schließlich geschimpft. Als das alles nichts nützte, fingen sie miteinander zu kämpfen an. Sie hielten ihren Kopf mit den Hörnern nach vorn und rannten zornig gegeneinander los. Mitten auf deBrücke prallten sie heftig zusammen. Durch den Stoß verloren beide das Gleichgewicht. Sie stürzten zusammen von der schmalen Brücke in den tiefen Fluß, und nur mit Mühe konnten sie sich an das Ufer retten.


Ludwig Grimm (1790-1863)

Bronzeskulptur zwei Ziegen auf einer Brücke Kopf an Kopf

Kluge Ziegen

Zwei Ziegen begegneten sich mitten auf einer hohen, schmalen Brücke ohne Geländer.
Links und rechts gähnte der tiefe Abgrund, an Rückwärtsgehen war nicht zu denken.

Die schlauen Ziegen fanden einen Ausweg: Eine legte sich ebenso ruhig wie vernünftig nieder
und ließ die andere über sich hinwegsteigen. So konnten beide ihres Weges ziehen.


[aus Aufzeichnungen von Conrad Gesner (1516-1565)  –  bedeutender Schweizer Arzt, Altphilologe und Naturforscher]

    Die Ziegen und der Ziegenhirt

    Silhouettenbild: Hirte und Ziegen

    „Ein Ziegenhirt musterte seine Ziegen, bevor er sie austrieb. Eine derselben hatte es sich nämlich gerade gut schmecken lassen und sehr viel gefressen. Sie ging daher langsamer als die andern und blieb etwas zurück. Das ärgerte den Hirten, und da er nicht lange auf sie warten wollte, hob er einen Stein auf und warf denselben nach ihr. Unglücklicherweise traf er ein Horn der Ziege, so dass es abbrach. Kaum geschehen, bereute er seine Unvorsichtigkeit und bat die Ziege, doch ja nichts ihrem Herrn zu klagen.  »Sei doch gescheit«, antwortete die Ziege, »wenn ich auch nichts davon sagen wollte, so würde doch das fehlende Horn dich anklagen.«
    Und die Moral von der Geschicht:
    Wo Resultate sprechen, lässt sich einmal Geschehenes nicht mehr verbergen.“


    (Fabel von Aesop)

    Schelmentier

    Farbfoto: Ziege schaut verschmitzt
    2009, DE/Berlin – [© Sulamith Sallmann]

    Vor dem Herrgott haben sie (die Ziegen) bei der Verteilung der Weideplätze immer wieder  »Nu meh, nu meh!«  (noch mehr)  geschrien, bis es dem Herrn zu viel wurde und er rief:  »So geht doch, wohin ihr wollt!«  So kam es, dass die Ziegen Schelmentiere sind und überall stehlen und naschen.
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    [Ätiologisches Aperçu von Josef Müller (1870-1927)
      Schweizer Spitalpfarrer und Sammler von Volkssagen]

      Ziegengedicht

      Irgendwo im Waldesgrün sah ich eine Ziege ziehn.
      Kletten war’n in ihren Haaren – sie möcht‘ lieber U-Bahn fahren!

      Irgendwo im U-Bahnwagen hört ich eine Ziege klagen:
      »Ich möchte lieber in den Wald!«  Ach so sind die Ziegen halt.

      Ziegen zieht es immerzu, kommen nirgendwo zur Ruh.
      Das nennt man dann den Zug der Zeit. Und Ziegen werden nie gescheit.

      Fritz Rumler

      Farblitho: Ziegenhirte mit Ziegen in den Bergen - 1931