Dem Hausgeflügel auf der Spur

Gemälde: Geflügelhof mit Enten, Tauben, Küken, Hühnern und Hahn

Als Hausgeflügel bezeichnet man im Wesentlichen domestizierte Vogelarten, die für den menschlichen Verzehr als Heim- und Haustier gezüchtet und aufgezogen werden.

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts lebte der größte Teil der Bevölkerung auf dem Lande (um 1800 waren es in Europa noch ca. 80%) und nicht nur Bauern hielten sich u.a. Geflügel zur Selbstversorgung. Krähende Hähne, gackernde Hühner, herumwatschelnde Enten und Gänse gehörten zum normalen dörflichen Erscheinungsbild.

Buntes Federvieh in – freilich idealisierter – ländlicher Idylle war früher ein beliebtes Motiv von Kunstmalern.

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H ü h n e r v ö g e l

Farblitho: wildes asiatisches Bankivahuhnpaar - 1881

Das wildlebende südostasiatischen Bankivahuhn ist die Stammform des Haushuhns. Alle heutigen Haushuhnrassen stammen aus Züchtungen dieser erstes domestizierten Wildhühner aus der Familie der Fasanenartigen (Phasianidae).

Über die Seidenstraße gelangten ca. 2000 v.Chr. domestizierte Hühner in den Orient, waren ca. 1500 v.Chr. in Ägypten angekommen und wurden über Griechenland und Italien weiter verbreitet. Nach Spanien wurden sie vermutlich von den Phöniziern eingeführt. Um 600 v.Chr. gelangte das Huhn schließlich über die Alpen.


• Das Haushuhn

Farbfoto: Hühner + Eier in einem Mosaik im Vatican-Museum in Rom

Eine umfangreiche Verbreitung im europäischen Raum fand das Haushuhn erst mit den Römern, die Hühner im großen Stil als Eier- und Fleischlieferanten züchteten.

icon Das Haushuhn (Gallus gallus domesticus) gilt als das häufigste Haustier des Menschen – der Ølich tägliche Weltbestand wird auf mehr als 20 Milliarden Tiere geschätzt; damit kommen auf jeden Menschen drei Hühner.

2015 – ‚Coqs de France‘


• Das Perlhuhn

Aquarell: 2 dunkle + 2 helle Perlhühner im Freien - 1910

Unter den Hühnervögeln bilden Perlhühner (Numididae) eine eigene Familie, welche wildlebend ausschließlich in Afrika beheimatet ist. Eine ihrer Arten, das Helmperlhuhn (Numida meleagris), wurde domestiziert und, zum Haustier gemacht, auch in andere Regionen verbracht.

In Europa begann man zuerst in Frankreich im 16. Jahrhundert mit der Haltung von Perlhühnern als Nutzgeflügel und ab dem 18. Jahrhundert folgten Großbritannien, Deutschland und Tschechien.

Farbfoto: Federn vom Perlhuhn

• Das Truthuhn

Aquatinta: wildes Truthuhn mit Jungen - 1837

Das in Nordamerika beheimatete Truthuhn (Meleagris gallopavo) ist die größte Art der Hühnervögel und wird auch Wildtruthuhn oder Wildes Truthuhn genannt. Es wurde bereits von indianischen Völkern domestiziert und ist die Stammform des Haustruthuhns.

Das domestizierte Truthuhn (Meleagris gallopavo domestica) wird in unserem Sprachraum allgemein als Pute bezeichnet. Regional sind teils unterschiedliche Namen gebräuchlich:
♂   Puter, Truthahn, Welschhahn, Kollerhahn, Truter
♀   Pute, Puthenne, Truthenne, Dinde, Trute.

Thanksgiving ist in den Vereinigten Staaten das wichtigste Familienfest im Jahreskreis. Noch heute kommt meist die ganze Familie zusammen; außerdem werden oft auch Freunde oder andere Gäste eingeladen. Im Mittelpunkt steht das Thanksgiving-Essen zu dem es traditionell gebratenen gefüllten Truthahn gibt.


E n t e n v ö g e l

Buchmalerei: Einsammeln von Federwildeiern im 4. Jh

Bereits bei den alten Ägyptern wurden Wildgänse mit Schlag- oder Klappnetzen gefangen und dann in Geflügelgehegen zusammen mit anderem Federwild (z.B. Enten, Fasane und Tauben) gehalten und gemästet.

Vermutlich löste die bereits gebräuchliche Hühnerhaltung die Domestikation einheimischer Entenvögeln aus. Anfangs ließ man eingesammelte Eier von wilden Gänsen und Enten durch Haushühner ausbrüten.

Neben Hühnervögeln sind Entenvögel die Vögel mit den engsten Wechselbeziehungen zum Menschen. Fünf Arten von Entenvögeln sind vom Menschen erfolgreich domestiziert worden: die Stockente (Anas platyrhynchos), die Moschusente (Cairina moschata), die Graugans (Anser anser), die Schwanengans (Anser cygnoides) und die Nilgans (Alopochen aegyptiacus). Letztere gehört zu den ersten domestizierten Entenvögeln, kommt heute jedoch nur noch wild vor.


• Die Hausente

Wilde Enten wurden zwar schon in Altägypten und Mesopotamien in Gehegen gehalten, als echte Haustiere traten sie aber erst seit dem späten Mittelalter bzw. der frühen Neuzeit auf. Die modernen Hausentenrassen sind erst ein Züchtungserfolg der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Farblitho: Stockenten im Schilf - 1834, USA

Die Stockente (Anas platyrhynchos) gilt als das Stammtier der meisten domestizierten Hausenten, die weltweit Verbreitung fanden. Die verbreitetste Art ist die Pekingente.

In Europa hat die Entenhaltung im Vergleich zur Haltung von Hühnern und Gänsen drittrangige Bedeutung. Von ernährungswirtschaftlich größerer Bedeutung hingegen ist die Hausente vor allem in Ost- und Südostasien (allein in China werden bspw. ~500 Millionen Hausenten gehalten), aber auch in Lateinamerika und in einigen afrikanischen Ländern.

Sprachlich bezeichnet man mit Ente das weibliche und mit Erpel oder Enterich das männlichen Tier. Auffälligstes Unterscheidungsmerkmal ist das in der Regel farbigere Prachtkleid der männlichen Entenvögel, was wissenschaftlich Geschlechtsdimorphismus genannt wird. Entenküken werden mancherorts auch als Schüppchen bezeichnet.

Eine kleinere Gruppe Hausenten geht auf die aus Südamerika stammende Moschusente (Cairina moschata) zurück. Als domestizierte Zuchtform entstanden verschieden gemusterte Warzenenten, die im Französischen auch als ‚Barbarie‘-Enten bezeichnet werden und deren Fleisch wegen ihres geringeren Fettanteils geschätzt wird. Darüber hinaus entstanden aus Kreuzungen mit der Pekinente sog. Mischenten, die Mularden genannt werden, als Hybriden jedoch unfruchtbar sind.


• Die Hausgans

Seit der Römerzeit gehört die Gans zum allgemeinen Haustierbestand. Im Mittelalter waren Gänse laut archäologischen Knochenfunden bereits das zweithäufigste Wirtschaftsgeflügel.

Aquarell: Graugans am Bach ~1900

Die Graugans (Anser anser) – häufigste europäische Wildgans – gilt als das Stammtier der meisten domestizierten Hausgänse.

Die Rassenzüchtung der Hausgans geschah auch hauptsächlich in Europa. Heute werden etwa 100 Gänserassen unterschieden; je nach Größe, Farbgebung und Lege- bzw. Brutverhalten. Die wohl älteste Hausgansrasse ist die ‚Emdener Gans‘, während die ‚Deutsche Legegans‚ bspw. eine neuere Gänserassen ist.

Der zweite Artenstrang der Hausgänse geht auf die Domestizierung der Schwanengans in Nordostasien zurück. Im 19. Jahrhundert gelangte sie aus China oder Japan nach Europa und führte zur Züchtung von Höckergänsen. Diese Bezeichnung hat sie dem Stirnhöcker auf dem Oberschnabel zu verdanken, der bei männlichen Tieren ausgeprägter ist als bei weiblichen. Bei der wilden Schwanengans hingegen ist dieser Höcker nur schwach und auch nur beim männlichen Geschlecht vorhanden. Beliebt ist diese Gänseart wohl weniger ob ihrer Höcker, sondern vielmehr weil ihr Fleisch sehr zart und wenig fett ist.

Im deutschen Sprachraum gibt es verschiedene Bezeichnungen für die männliche Gänse: Gänserich, Ganser, Ganterich oder Ganter. Gänseküken werden oft auch als Gänsel oder Gössel bezeichnet.


icon Federn ersetzten ab ca. dem 4. Jahrhundert das bis dato in Europa gebräuchliche Schilfrohr als Schreibgerät.
        Da meist die stabilen Federn von Gänsen verwendet wurden, nannte man sie auch Gänsekiel oder Ganterkiel.

Farbfoto: Nahaufnahme einer Gänsefeder