Die Standesboten

geografische Darstellung

Standesboten  waren die Vorgänger der späteren Postboten und Postreiter.
Sie verkörperten den ersten effektiven Boten-Berufsstand, der für einzelne Stände (heutige Kantone),
bestimmte Städte und adlige Herren tätig war, um amtliche Botengänge zu erledigen.

Holzschnitt
Standesbote bringt Züricher Bürgermeister Nachricht vom Sieg der Eidgenossen in der Schlacht bei Dornach – 1499  [Niklaus Schradin]
Kupferstich: Wappentafel der Eidgenossenschaft - 1507
Eidgenössische Wappentafel –  1507

Die Erfordernisse der Staatsverwaltung und die Beziehungen zwischen verbündeten oder befreundeten Staaten brachten es mit sich, dass man sich bereits im Mittelalter ständiger Boten zur Übermittlung von Nachrichten bedienten. Auf dem Gebiet der Eidgenossenschaft*  wurden im 14. Jh  S t a n d e s b o t e n  (auch Standesläufer genannt) erstmals urkundlich erwähnt.
.

*Staatenbund auf dem Gebiet der heutigen Schweiz
(lat.)  ‚Liga vetus et magna Alamaniae superioris‘
Alter großer Bund oberdeutscher Lande
bestand bis zum Einmarsch der Franzosen 1798

Die von Amts wegen angestellten  ‚Louffenden Botten‘  vermittelten den Briefverkehr der regierenden Obrigkeit innerhalb des eigenen Staatsgebietes, reisten aber auch über die Landesgrenzen hinaus in andere Länder und Städte. Solche weitreichenden Botenläufe sind bspw. von Bern aus nach Basel, Zürich, Genf, Sitten, Savoyen, Konstanz, Feldkirch, Mühlhausen, Straßburg, ja sogar nach Frankfurt und Paris, bekannt.


Berufsbezeichnungen

Standesbote,    Standesläufer,   Louffender Bott

verwandte Berufe:   Briefträger,   Postreiter,   Postillion


Standesboten waren Amtspersonen

… und als solche vereidigt. Im Amtseid waren ihre Pflichten und Aufgaben genau umschrieben und festgesetzt. Sie musste schwören, ihren Herren und Oberen treu und redlich zu dienen, ihren Nutzen zu fördern und Schaden zu verhindern versuchen sowie sich jederzeit (wenn erforderlich auch nachts) zum Dienst einzufinden. Sie hatten ein mäßiges und bescheidenes Lebens zu führen, durften weder spielen noch sich betrinken, sich unterwegs nicht unnötig aufhalten, mussten verschwiegen sein und die ihnen anvertrauten Dinge getreulich hüten und bewahren. Wegen Versäumnis oder Nachlässigkeit konnten sie, ihres Amtes enthoben und sogar mit Gefangenschaft bestraft werden.

Briefmarke (Schweiz, 1960)
Schwyzer Standesläufer im 15. Jh

Der Standesbote repräsentierte die Macht und das Ansehen des Herrn, in dessen Dienst und Auftrag er reisten. In seiner Person wurde dessen Obrigkeit selbst geehrt, weshalb er auch als ‚unverletzlich‘ galt. Er durfte nicht behelligt werden und genoss überall, auf den Straßen und in den Städten, freien Durchpass und sicheres Geleit. Sein Briefgeheimnis durfte nicht verletzt und die versiegelten Briefe nicht aufgebrochen werden. Kamen Belästigung oder schimpfliche Behandlung vor, wurde dies als eine dem Stande selbst angetane Schmach mit strengen Strafen geahndet. Ein Mord oder Totschlag an einem Standesläufer konnte sogar Anlass zu kriegerischer Vergeltung werden.

Der Läuferdienst war ein festbesoldetes Staatsamt. Die Läufer wurden von der Obrigkeit in bar für ihre Dienste belohnt – für jede Wegmeile erhielten sie eine festgesetzte Summe, für jeden Tag ein Wartgeld und dazu freie Verköstigung. Außerdem wurden sie von den Empfängern ihrer Botschaften oft mit recht ansehnlichen Trinkgelder bedacht. Als Abgesandte ihrer Obrigkeit fanden sie überall, wo gute Beziehungen bestanden, freundliche Aufnahme und wurden auf ihrer Durchreise durch befreundete oder verbündete Orte ebenfalls gastfrei gehalten.

Das Erscheinungsbild eidgenössischer Boten

Die Standesboten waren durch besondere Wahrzeichen ausgewiesen – auf ihrem Wams trugen sie, als äußeres Kennzeichen ihrer Herkunft, ein Brustschild mit dem Wappen ihres Standes (heutige Kantone); seit dem 15. Jh wiesen auch ihre Kleider und Frontspieße die jeweiligen Kantonsfarben auf. Die zu übermittelnden Botschaften waren versiegelt und teils in hölzerne Klammern oder metallene Büchsen, welche ebenfalls mit den Standesfarben versehen waren, eingeschlossen.

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Privater Botendienst

Neben dem Dienst für ihre Obrigkeiten hatten die Läufer auch für den privaten Botendienst zu Verfügung zu stehen und laut ihrem Amtseid einem jeden Bürger für den gleichen Lohn, den sie auch von Amts wegen erhielten, Briefbestellungen ausführen. Nicht selten wurden ihnen, als besonderen Vertrauensleuten, der Einzug von Zinsen oder Schulden und die Übermittlung von Geldern übertragen.

Zwar wurden auch von einzelnen, Kaufleuten und Handelsgesellschaften sowie Schiffern und Fuhrleuten Briefbestellungen angenommen und Botendienste (mit) besorgt, doch garantierten die obrigkeitlichen Läufer dank ihres amtlichen Charakters sowohl größere Sicherheit als auch schnellere Beförderung. Im Gegensatz zu Kaufleut‘- und anderen Boten, die sich nach Warentransporten oder Terminen von Messebesuchen richten mussten, standen sie jederzeit für Botengänge zur Verfügung.


Grafik: Brustschild eines Basler Standesboten - 16. Jh