Der Postkutscher

gemälde: Reisegesellschaft vor Berglandschaft

Einen  Postkutscher  nannte man den Fahrer bzw. Lenker eines von Pferden gezogenen Boten- oder Postwagens.

tschechische Briefmarke: historischer Kasten-Postwagen
‚Historischer Postwagen‘

Von anfänglich einfachen Kastenwagen für Postsendungen wechselte man zu Transportkutschen mit mehr oder weniger großer Fahrgastkabine, um die zusätzliche Mitnahme von Personen zu ermöglichen.

Federzeichnung: mit Postsendungen und Reisenden voll beladene Postkutsche
‚An English Stagecouch‘  [Randolph Caldecott]

Im Jahr 1657 nahm in England eine der ersten Postkutschen ihren regelmäßigen Betrieb auf;
sie fuhr von Chester nach London und wieder zurück.

Etwa zur selben Zeit kann man auch den Beginn des regulären deutschen Postverkehrs sehen. So konnte man ab 1660 bspw. von Leipzig nach Hamburg einen Geburtstagsgruß versenden, statt sich selbst auf eine beschwerliche Reise machen zu müssen.

Farblitho: auf Kutschbock sitzender Postkutscher bläst ins Horn

Briefmarke: Postillion bläst in HornNeben Briefen und Paketen transportierte der Postkutscher nun auch Passagiere, was damals lustigerweise  P e r s o n e n p o s t  genannt wurde. Das erhobene Beförderungsentgelt kann nicht ganz unerschwinglich bemessen gewesen sein, denn Bilder bezeugen, dass sich wohl auch einfache Leute – zumindest ab und an – eine Fahrt  mit einer Postkutsche leisten konnten.


Berufsbezeichnungen

Postkutscher,   Postillion,   Postillon.   (veraltet) Postknecht
Englisch:
stage coachman
Französisch: postillon
Italienisch: postiglione
Niederländisch: postiljon
Polnisch: poczta woźnica
Russisch: ямщик
Slowakisch: postilión
Spanisch: postilión

verwandte Berufe:   Briefträger,   Paketbote,   Postreiter,   Kutscher


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Poststationen & Posthaltereien

BRD-Briefmarke (2010): Szene an einer Poststation um 1855
‚Szene an einer Poststation um 1855‘

Als Poststation (sog. Relais) bezeichnete man seit der Gründung der Post im Jahre 1490 eine an einem  P o s t k u r s  (auch: Poststraße, Postlinie, Postroute), an der zuerst Postreiter und späterhin auch Postkutscher die Pferde wechselten. Größere Poststationen (Vorläufer späterer Postämter) unterstanden Postmeistern, reine Pferdewechselstationen (Posthaltereien) hingegen den sog. Posthaltern.

Zugleich waren Poststationen die – im Wortsinn – damaligen  ‚Bahnhöfe‘  für Reisende, an denen sie zu- oder aussteigen konnten.

Die Entfernung zwischen den einzelnen Stationen war auf 2 bis 3 Meilen bemessen. Diese Meilen darf man jedoch nicht streng geographisch nehmen, sondern als eben die Entfernung, die von der Post in 2 bis 3 Stunden zurückgelegt werden konnte; was freilich maßgeblich von der Beschaffenheit des Geländes und der Wege abhängig war.

kleine Farbillu: Posthorn

iconDurch bestimmte Signale mit dem Posthorn kündigten Postreiter wie Postkutscher bereits vor dem Eintreffen auf der Poststation ihre bevorstehende Ankunft an, damit der Pferdewechsel schon vorbereitet und schneller erfolgen konnte.

Notenfolge für 7 verschiedene Posthorn-Signale
1850

Postkutscher im Dienst


Der Postillion in der Eifel

Es gab aber auch gehobenere Wandergewerbeberufe in der Eifel. An erster Stelle steht hier der Postillon. Vor fünfzig Jahren war er nicht nur ein wesentlicher Bestandteil der damaligen Eifeler Reiseromantik, sondern ein noch wichtigeres Glied in der Eifeler Verkehrswirtschaft. Das Eisenbahnnetz war damals noch recht dürftig ausgebaut, die Querverbindungen zwischen den Hauptbahnstrecken Köln – Trier und Trier – Koblenz und den wenigen davon abzweigenden Binnenstrecken, wurden nur durch Postkutschenlinien hergestellt. Im Auftrage der Postbehörde unterstand der Postkutschenverkehr den Posthaltereien, die, an besonders wichtigen Kreuzungspunkten gelegen, meist größere Bauern- und Fuhrhaltebetriebe mit genügend leistungsfähigem Pferdematerial waren. […]

Gemälde: Dreispänner-Postkutsche über Land bei Platzregen - 1923
1923 – ‚Postkutsche im Regen‘ [Ludwig Koch]

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Postillon – keine leichter Beruf

Im glühenden Sommer ohne jeden Schutz eingepreßt, in seine enge Uniform und seinem bewehrten Helm, im Winter auf seinem Bock den Sturm, Frost und Schneetreiben preisgegeben, war er voll verantwortlich für seine Passagiere und den wertvollen Inhalt des Postsackes. Im Winter war er dazu oft größeren Widerwärtigkeiten und Gefahren ausgesetzt.
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Gemälde: Postkutscher auf einem von drei Pferden führt Kutsche durchSchnee aus Dorf hinaus - 1798
1798 – ‚Postkutsche im Winter‘ [Wilhelm von Kobell]

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Mein Vater, der um die Jahrhundertwende Post-verwalter in Daun war, hat mir häufig davon erzählt, wie oft der […] Postwagen nachts auf der eiskalten Höhe von Dockweiler im Schnee stecken blieb. Da mußte der brave Postillon den Postsack schultern und durch den Schnee zum nächsten Dorf waten, dort das Postamt in Daun anrufen, das wieder die Posthalterei alarmierte und dann mit einem leichten Schlitten der bedrängten Postkutsche entgegenfuhr. Wenn es Not tat, […] mußten sogar die Bauern aus dem Schlaf geweckt werden, um die eingeschneite Postkutsche wieder freizuschaufeln.
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Im Sommer konnte es dafür aber auch um so schöner für den Postillon sein. Da konnte man das Posthorn erklingen lassen, da gabs auch oft ein kräftiges Trinkgeld von den Beamten und Reisenden, da fühlte man sich, wenn man durch die Dörfer fuhr, so recht erhaben auf dem hochthronenden Bock, wenn die Mädchen an den Strecken keck emporschauten und macher frohe Winkegruß hin- und herging. – Das alles ist heute dahin. Vor wenigen Jahren hat man oben in der Vulkaneifel den letzten hochbetagten Eifelpostillon begraben. […]

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[Dr. Viktor Baur: ‘Ausgestorbene Eifelberufe’ – Eifel-Kalender 1955]


Postkuschenromantik

GedichtEs schienen so golden die Sterne,
Am Fenster ich einsam stand
Und hörte aus weiter Ferne
Ein Posthorn im stillen Land.
Das Herz mir im Leib entbrennte,
Da hab‘ ich mir heimlich gedacht:
Ach wer da mitreisen könnte
In der prächtigen Sommernacht!
……….[ Joseph von Eichendorff, 1834 ]


Wenn einer eine Reise tut …

Gemälde: Postkutsche holpert über enge Gassen durch die Stadt - 1880
um 1880 [Carl Spitzweg]

… dann kann er was erzählen

Das Reisen mit der Postkutsche muss jenseits aller Romantik eine ziemlich anstrengende Angelegenheit gewesen sein und setzte – wie berichtet ward – vor allem  »gute Leibeskonstitution und christliche Geduld«  voraus.

Die meisten Straßen waren schlecht oder gar nicht gepflastert, so dass die eng beieinander sitzenden Passagiere in den ungefederten Kutschen bei jedem Schlagloch durcheinander gerüttelt wurden.

Außerdem waren die Reisenden den oft als raubeinig beschriebenen Postillionen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.

Der deutsche Historiker August Ludwig Schlözer  (1735-1809)  schrieb u.a. über die Zustände im 18. Jahrhundert:

Es läßt sich wirklich für einen Reisenden nichts Gefahrvolleres denken, als ein schwerbepackter, engspuriger, kurzer, mit einem elenden Verdeck versehener Postwagen, welcher durch die schlechten Wege von den gröbsten Postknechten bei stockfinsterer Nacht fortgebracht wird, und der auf so mancher Tour teils mit, teils ohne Verschulden des Postillions umgeworfen wird. Aber nicht allein bei Nacht, auch bei Tage fällt dieses elende Fahrwerk oft um.
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Gemälde: Postkutsche wird in Gebirgsschlucht von Räubern angegriffen
‚Der Überfall‘ [Adolf Schmidt]
Unfälle und Überfälle

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Für Widrigkeiten, mit denen der Fernwehkranke der Postkutschenzeit unterwegs rechnen mußte, sorgten nicht nur meteorologische und klimatische Zufälle, sondern mehr noch menschliches Versagen und verbrecherische Absichten. Unfälle und Überfälle waren keine Seltenheit.

sw Gemäldefoto: feststeckende Postkutsche in Schräglage auf morastigem Holperweg
‚Eine mißliche Lage‘

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Viele der häufigen Unfälle waren Folgen von unzulänglichen Wagenkonstruktionen und schlechter Straßenzustände;  Räder sprangen ab, Achsen und Deichseln brachen, die Wagen stürzten um, versanken in Schlaglöchern oder im Morast.

Bei zahlreichen Unfällen spielte aber auch die Trunkenheit auf dem Kutschbock eine ähnliche Rolle wie heute die Trunkenheit am Steuer.

Rudolf Baumbach (1840-1905), selbst noch Zeitgenosse der Postkutschen-Ära und Verfasser des allseits bekannten fröhliche Liedes  ‚Hoch auf dem gelben Wagen‘,  widmete dem Reisen mit der Postkutsche noch ein anderes Gedicht, welches die gefahrvollen Aspekten derselben auf’s Korn nimmt:

Es melden Bücher und Sagen so manches Wunderding / von einem gelben Wagen, der durch die Länder ging.
Die Kutsche fuhr, man denke, des Tags drei Meilen weit / und hielt vor jeder Schenke – 0 gute, alte Zeit!
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Es ward von den Passagieren zuvor das Haus bestellt. / 
Sie schieden von den Ihren, als ging’s ans End der Welt.
Sie trugen die Louisdore vernäht in Stiefeln und Kleid, / im Sack zwei Feuerrohre – O gute, alte Zeit!
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Oft, wenn die Reisegenossen sich sehnten nach Bett und Wirt, / da brummte der Schwager verdrossen:  »Potz Blitz! Ich hab mich verirrt!«
Von fern her Wolfsgeheule, kein Obdach weit und breit; / es schnaubten zitternd die Gäule – O gute, alte Zeit!
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Auch war es sehr ergötzlich, wenn mit gewaltigem Krach / 
in einem Hohlweg plötzlich der Wagen zusammenbrach.
War nur ein Rad gebrochen, so herrschte Fröhlichkeit. / Mitunter brachen auch Knochen – 0 gute, alte Zeit!
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Der Abenteuer Perle war doch das Waldwirtshaus. / 
Es spannten verdächtige Kerle die müden Schimmel aus.
Ein Bett mit Federdecken stand für den Gast bereit, das zeigte blutige Flecken – O gute, alte Zeit!
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Und waren der Gäste hundert verschwunden im Waldwirtshaus, / d
ann schickte der Rat verwundert berittene Häscher aus.
Die Leichen wurden gefunden, bestattet und geweiht; / der Wirt gerädert, geschunden – O gute, alte Zeit!


Dies & das

  •  Humor


  • Lieder

Liedtext: Auf dem Postwagen

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Fahr‘ auf der Post, frag‘ nicht was ’s kost’t

Spann‘ die Gedanken ein, ich will der Postknecht sein;
Denn es ist Zeit und ist mir leid:
Denn, die mich herzlich liebt, die ist sehr weit.
Postknecht, feh‘ wacker drauf, du wirst schon wissen auch,
Was Postknecht’s ist Gebrauch.
Trararara nur brav geblasen!
Es soll ein Trankgeld sein vor dich allein,
Wenn ich bei mei’m Vergnügen werd‘ sein.

Schlad‘ auf die Pferd‘, weil ich’s begehrt,
Setz an die Sporn und reit, wir müssen heut‘ noch weit:
Denn, die mich liebt, ist sehr betrübt.
Ich muß heut‘ bei ihr sein, so hab‘ ich Freud‘.
Laß schießen deinen Zaun, ob gleichfalls steht der Schaum
Nebst deinem Sattelbaum.
Trararara nur brav geblasen!
Daß es brav schallt, wir seh’n gar bald
Das grüne Städtchen im grünen Wald.

Gemälde: Postkutsche kommt in einem Dorf an
‚Die Ankunft der Postkutsche‘ [Georg Hemmrich]

Ei was ist das? Da seh‘ ich was;
Da kömmt die Liebste mein, zu lindern meine Pein.
Spring auf, mein Herz, vergiß den Schmerz,
Nach der Betrübniß folget Scherz.
Du mußt schon wissen auch, was Postknecht’s ist Gebrauch:
Trararara nur brav geblasen!
Da kömmt mein Kind, Postknecht geschwind,
Glückselig bin ich, d’weil ich sie find‘.


Buchempfehlungen

BuchcoverKlaus Beyrer:  ‚Zeit der Postkutschen
– Drei Jahrhunderte Reisen 1600-1900‘

Verlag G. Braun, 1992

BuchcoverHans Fischach:  ‚Lustig schmettert das Horn
– Von Postillionen und Postkutschen‘
Verlag Bayerland, 2005

KatalogcoverAngelika Mundorff & Eva von Seckendorff:
‚Reisen mit der Postkutsche‘
Ausstellungskatalog  (ISBN 978-3-00-027840-2)
Stadtmuseum Fürstenfeldbruck, 2009


Gemälde: Zweispänner Postkutsche unterwegs auf Feldweg

1 Kommentar zu „Der Postkutscher“

  1. Pingback: Rys historyczny dawnej stacji poczty konnej we Wronkach - Historia Wronek (PL)

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