- Hochzeitsbitter und Hochzeitsbitterin
Hochzeitsbitter und Hochzeitsbitterin
Die Hochzeitsbitter luden die Gäste, meistens mit Sprüchen, zur bevorstehenden Hochzeit ein. Sie übernahmen auch häufig die Aufgabe der Platzmeister während der Hochzeitsfeier. Die bunten Bänder, die sie mit sich führten, banden sie nach der Aussprache der Einladung am Haus fest.
Für ihre Arbeit erhielten sie Geschenke. Das konnte Geld, aber auch Schmuck oder ein Kleidungsstück sein.
Mitunter, je nach Gegen und Zeit, hatte der Hochzeitlader auch die Funktion des Brautführers inne und ist am Tag der Vermählung häufig auch der Zeremonienmeister.
Es taucht auch hin- und wieder der Begriff der Hochzeitbitter auf, doch übernahmen Frauen eher selten diese Aufgabe.
Berufsbezeichnungen
Hochzeitbitter, Hochzeitbitterin, Hochzeitsbitter, Umbitter, Hochzeitlader, Hochzeiteinlader, Leutlader
Drüschemann (Oberlausitz)
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verwandte Berufe: Leichenbitter, Aufwärter
Hochzeitbitter im Mittelalter
„In der Regel geschehen aber die Einladungen zur Hochzeit durch einen Boten, den Hochzeitbitter oder Leutlader, der gegen Bezahlung sie übernimmt. Sein altes Zeichen ist der Botenstab, meist von dem im Volksglauben geweihten Haselstrauch geschnitten. Der Hochzeitbitter ist festlich angekleidet, am Hut und auch am Stabe mit Bändern und Schleifen geschmückt; in Schwaben trägt er im Knopfloch eine umbänderte Rose, andenwärts (so in Thüringen) einen Rosmarinstengel, wieder anderswo einen Blumenstrauss auf dem Hut. Einen oberbayrischen Hochzeitlader hat Hugo Kauffmann trefflich abconterfeit in Karl Stielers Hochzeit in die Berg (Stuttgart 1882). Eigenthümlich ist der siebenbürgisch-sächsische Brauch, die Ladung des ,’Bitterknechts‘ zuerst zu bezweifeln, ihn dann mit einer Wide (Gerte) an den Herd anzubinden und ihn den Spruch wiederholen zu lassen. Nach dem Gruss wird die eigentliche Ladung vorgetragen, die je nach Witz und Mundstück des Leutladers mit Schilderung der zu erwartenden Genüsse und auch in manchen Gegenden, so in Bayern und Österreich, mit den Preisen, die von den Gästen für die Mahlzeit der Wirt fordern wird, ausgestattet sind. Seine Spässe verspart der Hochzeitlader gewöhnlich auf den Trauungstag selbst, an dem er den Sprecher und Ceremonienmeister zu machen hat.“
(Quelle: Die Deutschen Frauen in Dem Mittelalter. von Karl Weinhold, 1897)
Hochzeitbitter im niederdeutschen Raum
„Die Einladung zur Hochzeit. Sollte zur hochzeit ‚genötigt‘ werden, so wird damit der hochzeitbitter oder die hochzeitbitterin beauftragt, — personen, welche mit dem herkömmlichen gründlich vertraut sein mussten. Im kreise Iserlohn war ihr amtszeichen ein mit seidenbändern von allerlei färben geschmückter stab. Diese bänder wurden bisweilen alle gleich von der braut hergegeben. War das nicht geschehen, so füllte sich der stab allmählich durch die gaben der weiber und mädchen, denen die einladung zugebracht wurde. In der Soester Boerde trug der hochzeitbitter die bänder am hüte, doch auch wol am stabe, wie Immermann dort beobachtet zu haben scheint, vgl. dessen Münchhausen.
Wohin nun der hochzeitbitter kam, da ,betete‘ er seinen spruch ,her‘. Der anfang eines solchen, wie er im Lüdenscheidschen vorkam, lautet wie folgt:
,Ik hewwe en aren (botschaft)
an Ink fan brüd un brümer — an den hüshären,
an de hüsfrau, süone un döchter:
se sollen sik gefallen läten un kuamen am duanerstage
un hseren ’ne koppelassion.
Wann de koppelassion es fullenbracht,
dann sollt It dä bliwen en dagh un ’ne nacht
un helpen ferteären,
wat Guäd werd bescheären:
twintigh äm brannewin un hunnerd äm bäir
dä well fi ferteären med plasäir,
an allen ecken un kanten
sollt stän feäte bäir un musekanten.
Wat fi äwwer nitt hewwet, dat weffi ock nitt eäten,
dat häddik lichte balle fergeäten.
Wat der fält, dat sali an eäne nit fueädert wären u. d. übr.‘
Mitunter hatten die hochzeitbitter mehrere sprüche, kürzere und längere. So lautete die kürzere einladung der Deilinghofer hochzeitbitterin:
,Ik soll se gruissen fan N. un N., breud un bruimer, un se hänn
den sinn, se wollen am duonerstage eären ärendagh feiern; dehär
un de frau un de kinner sollen sik gefallen läten un kuamen na
der hochteid,
un maken sik fein,
män nitt allte fein,
üm dat breud un bruimer de finsten sein!‘
Um auszudrücken, dass man die einladung annehme, wird bisweilen gesagt: ,Fi wellt de ledder int pütt dauen un ‚et heus oppen balken un kuomen.‘ Der einladung nicht auffolgen, hiess: ,de hochteid oppen stall släen.'“
(Quelle: Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung. 1877)
Hochzeitbitter
in Sachsen
Altenburg
„Der ‚Hochzeitbitter‘ war eine wichtige Person im Leben der altenburger Bauernschaft; er hatte eine Fülle von Aufträgen zu besorgen und es gehörte ein angeborenes Talent zu seinem Amte: Gewandheit, guter Humor und nicht zulezt ein guter Magen. Nicht selten vererbte sich das Amt von dem erfahrenen Vater auf den Sohn: auch lohnte es sich reichlich.
Der Hochzeitbitter hatte eine eigene Kleidung, an der man ihn als solchen erkannte; sie bestand in Ueberrock und Hut. Als Ueberrock diente noch der alte ‚weisse Schmizkittel‘ mit nur geringer Veränderung; vorn war er übereinanderschlagbar und die Kante des überschlagenen Teiles lief schräg von der linken Brusthälfte nach dem rechten Oberschenkel hinab; hinten wie vorn lag der Rock gut am Oberkörper und war hier stark gesteift. Der Schoss war auf der Vorderseite mit den Brustblättern im ganzen geschnitten und ebenfalls glatt, hinten aber mit überschlagener Naht besonders angesezt und dicht in Längsfalten geriefelt. Die Aermel hatten eine grosse Fülle; sie wurden bis an den Ellbogen heraufgeschoben und hier über den Aermeln des ’schwarzen Schmizkittels‘ zusammen geschnürt, wodurch sie sich in faltige Ballonärmel verwandelten. Ein augenfälliges Besazstück an diesem Rocke bestand in einem schwarzen Bande, das auf dem glatten Rücken so aufgenäht war, dass es ein mit der Spize nach unten gewendetes Dreieck bildete; einer von den Schenkeln des Dreieckes sezte sich über den Schoss hinab bis an dessen unteren Rand fort. Dieser Teil des Bandstückes blieb unaufgenäht. Der Hut des Hochzeitbitters kam an Höhe dem alten spizen Kegelhute gleich, doch war er jezt cylindrisch und an seiner Wandung etwas eingeschweift; die Krempe, von entsprechender Breite, war rechts und links über den Schläfen nach oben geschlagen. In der oberen Hälfte schloss sich ein karminrotes, mit Gold gerändertes und mit einem Bündel von farbigen Bändern behängtes Band um den Hutkopf. Hatte eins von dem Brautpaare Vater oder Mutt^ verloren, so waren auch schwarze Bänder darunter. So herausgepuzt wanderte der Hochzeitbitter, einen weissen oder braunen Stab mit grosser bunter Quaste in der Hand, seines Weges, um die Gäste einzuladen. Nach der Mitte des 18. Jahrhunderts wurde er jedoch in dieser Tracht nur wenig mehr gesehen.
[…]
Um 1800 verschwand die eigentümliche Tracht der Hochzeitbitter und wurde nur noch ab und zu hervorgesucht, wenn man dem Landesherrn und seinen fremden Gästen ein Bild von einer altenburger Bauernhochzeit aus vergangenen Tagen darstellen wollte. Der ‚weisse Schmizkittel‘ überliess seinen Plaz der gewöhnlichen ’schwarzen Kappe‘; doch trug der Hochzeitlader noch manches an sich, was ihn als solchen kennzeichnete; rechts und links war sein Hut mit einem Kranze und hinten zwischen beiden Kränzen mit einem Strausse bepflanzt; Kränze wie Strauss bestanden aus künstlichen Blumen, die teils aus bunten Stoffen, teils aus Gold- und Silberlahn angefertigt waren. Die farbigen Bänder wurden nun in ihrem oberen Teile zu Schleifen geformt und hinten an der aufgestellten Krempe in einer Reihe angeheftet; zugleich wurde ein solcher Puz vorn am Rocke angebracht. Dazu kam dann noch ein rotes oder blaues Tüchlein, wohl zusammengelegt und so in die Brusttasche des Rockes gesteckt, dass es mit seinen Zipfeln etwas hervorsah.“
(Quelle: Deutsche Volkstrachten vom XVI. bis zum XIX. Jahrhundert von Friedrich Hottenroth, 1923 – Verleger H.Keller, Frankfurt a.M.)
Hochzeitbitter in Thüringen
„[…] Wenn die junge Frau an einen andern Ort zieht, so geschieht das in einigen Gemeinden des Neustädter Kreises z. B. mit vieler Feierlichkeit. Voran reiten zwei Hochzeitbitter mit einem grossen Kuchen, welcher in der Mitte ein Loch hat und bei der Ankunft am neuen Hause vertheilt wird. Dann folgt ein Wagen mit einem Kleiderschranke und den schön überzogenen Betten, auf denen die Brautjungfern, die eine mit einem Spinnrade, die andere mit einem Gesangbuche, sitzen. Auf dem nächsten Wagen befinden sich polirte Möbel und noch mehr Betten, auf denen die junge Frau nebst ihrem Manne oder auch mit einer dritten Brautjungfer PIatz genommen hat. Andere Wagen fahren die übrigen Geräthschaften, Böttchergefässe, gefüllte Getreidesäcke und Flachs. Zuletzt kommt eine Kuh nebst einer Anzahl Schafe. Man sieht, die Ausstattung ist nicht gering, denn es gilt selbst bei dem ärmsten Thüringer für einen Ehrenpunkt, ‚die Tochter nicht ungeschmückt aus dem Hause zu lassen.‘ Sobald die junge Frau die Wohnung ihres Mannes betritt, legt man auf den Tisch das Gesangbuch und ein von den Brautführern mitgebrachtes Brot, in Kleinmölsen ausserdem noch Salz und einen Besen. […]“
(Quelle: Hochzeitsbuch. Brauch und Glaube der Hochzeit bei den christlichen Völkern Europas. von Ida von Dueringsfeld, 1871)
Hochzeitbitter in der Lausitz
Hochzeitlader in Bayern
Hochzeitbitter in Tschechien
Von dem Hochzeitbitter im Egerlande
„Der Hochzeitbitter war im Egerlande gewöhnlich aus dem Stande der Häusler oder Handwerker und zugleich Musiker und Spassmacher. Wurde derselbe von den Brautleuten ‚Haochzatalodn‘ geschickt, dann strengte er seinen ländlichen Witz an, um die Einladung in der originellsten Weise einzuleiten. Alleihand Vorwände, Verstellung und List mussten herhalten, um die Einzuladenden aufzuziehen, was jedoch zuweilen unangenehme Situationen .schuf, so dass den Geladenen das Erscheinen beim Hochzeitfeste erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht wurde. So kam ein Hochzeitbitter zu dem Pfarrer in F., um ihn einzuladen. Nach dem üblichen Grusse um sein Begehren gefragt, sagte er: ‚Der Hullabaua aus A. schickt mich her, Herr Pfarrer möchten einmal die 2 Kar Hafer zahlen, welche Sie vor 3 Jahren für Ihre Pferde von ihm gekauft haben, es wäre schon einmal an der Zeit, die Schuld zu begleichen.‘ Man kann sich die Überraschung des Geistlichen, der von einem ausgeborgten Hafer selbstverständlich nichts wusste, denken und am Ende auch dessen Erregung, bis der Hochzeitbitter sich endlich entpuppte und in althergebrachter Weise die Einladung zur Hochzeit vorbrachte.
Ein anderer wieder kam einmal zu dem Pfarrer in N. und brachte folgendes vor: ‚Herr Pfarrer, ich habe gehört, dass an der hiesigen Kirche infolge eines Todesfalles die Stelle eines Mesners frei sei und bin deshalb gekommen, um diesen Posten zu bitten.‘ Der Geistliche, der den Mann nicht kannte, wehrte anfänglich ab und meinte, dass der Mesnerdienst zu wenig eintrage, um davon leben zu können. Als jener aber nicht nachgab, fragte ihn nun der Pfarrer, wie er heisse und was für eine Beschäftigung er sonst habe. Darauf gab der Prokurator zur Antwort: „Na, bei mir wird’s schon auswerden; bei Tage würde ich halt den Mesnerdienst versehen und in der Nacht ein kleins wen’g stehlen gehn.‘
‚Was!‘ rief der ländliche Pfarrherr, „Sie sind gewiss der Teufels-Hiatseff (ein allbekannter Hochzeitbitter des Egerlandes) von „Muas“ (Dorf im Egerland)!“ Der Pfarrer hatte gut geraten. Darauf folgte die Einladung zur Hochzeit. ‚Was!‘ rief der ländliche Pfarrherr, ‚Sie sind gewiss der Teufels-Hiatseff (ein allbekannter Hochzeitbitter des Egerlandes) von ‚Muas‘ (Dorf im Egerland)!‘ Der Pfarrer hatte gut geraten. Darauf folgte die Einladung zur Hochzeit.
Zuweilen waren auf einer Hochzeit zwei Prokuratoren. Diese hatten beide Spassmacherdienste zu verrichten. Dabei suchte einer den anderen zu übertrumpfen, was natürlich Veranlassung zu der grössten Heiterkeit gab. Vor 40 Jahren beiläufig wurde im Dorfe D. eine Hochzeit geleiert. Während des Mahles nun kamen die beiden Hochzeitbitter in Zank und Streit — natürlich alles nur zur Unterhaltung der Gäste. Der Streit ging aber so über die Grenzen, dass viele Gäste den Ernst oder Spass nicht mehr zu unterscheiden vermochten. Als es zu Thätlichkeiten und zum gegenseitigen Hinauswerfen kommen sollte, schrie der eine: ‚Das will ich seh’n, das war‘ schön, ich geh‘ in diesem Hause schon 40-50 Jahre ein und aus, ich will sehen, wer hier mehr Recht hat, ich oder dul! Auf das hin kam der alte, sonst stille und betsame Vater, der allein und zurückgezogen in der Stubenkammer sein Essen verzehrte, erregt unter die Hochzeitsgäste heraus und rief: ‚Das will ich seh’n, das war‘ schön! der da geht schon all mein Tag in diesem Hause ein und aus, der bleibt da; Du aber kannst gehn!‘ Allgemeines Hallo und schallendes Gelächter folgten den Worten des greisen Vaters. Der eine Prokurator hatte unter Spott und Hohn den kürzeren gezogen.
Ein Hochzeitbitter musste auch einmal den Gutsherrn in W. zu einer Hochzeit einladen. ‚Gnädiger Herr‘, führte er sich ein, ‚ich bin heute gekommen, um den mir auf der letzten Treibjagd versprochenen Posten als Waldheger anzutreten.‘ Der Herr sprach verwundert: ‚Aber mein Lieber, ich kenne Sie ja gar nicht. Ich war weder auf der besagten Treibjagd, noch weniger habe ich jemandem einen Posten als Heger versprochen!‘ Der Prokurator Hess sich jedoch nicht abwendig machen und beteuerte immer wieder aufs neue unter Anführung der verschiedensten Wahrheitsbeweise das ihm gegebene Versprechen, bis dem Herrn endlich die Geduld riss. Er griff nach der Klingel, um den aufdringlichen und jedenfalls auch irren Menschen durch seinen Diener entfernen zu lassen. Nun erfolgte unter grosser Erheiterung des Gutsherrn die Einladung zur Hochzeit.
Eines Tages hatte ein solcher Hochzeitbitter einem höheren Beamten, der selbst ein Egerländer Kind war, die Einladung zu einer Hochzeit zu überbringen. ‚Herr Justizrat‘, sprach er den Beamten an, ‚ich hätte eine Bitte.‘ ‚Also, was wünschen Sie?‘ fragte der so Angeredete. ‚Ja, Herr Justizrat, ich hätte halt eine grosse Bitte.‘ ‚Also, was wollen Sie denn?‘ fragte der Beamte bereits ungeduldig. ‚Ich hab‘ gehört‘, fuhr jetzt der Prokurator nach einigem Stottern, Husten und Verblüfftthun fort, ‚ich habe gehört, dass Sie der Mann sind, der die Schulden löscht. Wollten Sie mir nicht auch meine Schulden löschen?‘ ‚Haben Sie denn auch‘, fragte der Beamte stramm, den Mann beobachtend, ‚die Quittungen mit, oder aber haben Sie das Geld mit?‘ ‚Nein‘, gab der einfältig dreinschauende Mann zur Antwort, ‚Quittungen und Geld habe ich nicht.‘ ‚Ja Mann, sind Sie närrisch?‘ schrie ihn der Beamte an, und mit diesen Worten gab er seinen hochaufhorchenden Unterbeamten und Schreibern das Zeichen, diesen Menschen hinauszuführen. Auf das hin lud nun der Prokurator den Herrn in wohlgesetzter Rede zur Hochzeit eines im Egerlande wohnenden Verwandten ein. Die Kanzlei hallte wieder von dem heiteren Gelächter aller Anwesenden. Nach einem reichlichen Trinkgelde sprach der Herr Justizrat: ‚Jetzt gehn Sie schnell zu meiner Frau, und machen Sie das dort noch einmal.'“
Mühlessen bei Eger. Jos. Köhler.
(Quelle: Zeitschrift des Vereins für Volkskunde. Zehnter Jahrgang, Hrsg. Karl Weinhold, Berlin, 1900, Verlag A.Asher & Co. )
Sprüche der Hochzeitbitter
Ansprache eines Hochzeitsbitters von 1825
Grasleben bei Helmstedt
„Guten Tag, liebe Gesellschaft insgemein,
Ob sie wollen anhören und ein wenig stille sein
Und unsers Worten hören zu,
Die wir weiter reden thun?
Viel Glück, Ihr wertsten lieben Freunde,
Wir kommen nicht zu Fuss geschritten,
Sondern mit geputztem Pferden geritten.
Wir sind ein paar abgesandte Boten
Von zwei verlobten Personen.
Bei Namen werden Sie sie kennen;
Der Bräutigam ist der tugendsame Junggeselle Friedrich Kramer
Und die Braut die tugendsame Jungfer Annalise Schlichthaar.
Diese beiden Personen haben sich vor einigen Tagen und Wochen
Mit einander ehlich verlobt und versprochen
Und haben nun so lange gestanden
Bis auf des Priesters Hand.
Sie lassen Euch freundlich bitten als Herr un Frau, Kinder und das ganze Hausgesinde,
Ob sie wollen nicht als den Donnerstag morgens um 8 Uhr in der Braut Hause sich einfinden.
Alsda wollen wir unsern lieben Bräutigam schmücken und zieren
Und mit der Jungfer Braut zur Kirche führen.
Und unter der Kopilatio wolln wir bitten,
dass der liebe Gott seinen Segen auf sie wolle schützen
Und seinen Segen aus der Höh auf die verlobte Eh‘,
Damit alles in der Furcht Gottes gescheh,
Auf dass die in Frieden und Ruh
Ihren Ehstand bringen zu.“
[…]
„Hoch und wohlgeehrte Freunde!
Ich bin nicht von hochgelhrten Sachen,
Viel Komplimente weiss ich auch nicht zu machen;
Denn ich bin noch jung von Jahren
Und hab noch wenig erfahren.
Denn als ich wollte studieren,
Da taten mir die Jungfern fixieren.
Potztausend bald hätten wir noch eins vergessen,
Nun werde ich erst einmal reden von trinken und essen.
Der Koch machts warm und nicht zu heiss,
Er gibt viel Knochen und wenig Fleisch,
Potztausend ich habe mich versprochen,
Er gibt viel Fleisch und wenig Knochen,
Einen Schweinebraten kalt,
Eine Jungfer, die dreimal sechs Jahr alt,
Die soll sich setzen an den Tisch
Und essen einen gebratenen Fisch.
Auch die Jungfer Brautmädchen haben uns so wohl bedacht,
Haben mich und meine Kameraden und unsre Pferde so schmuck gemacht,
Wir wollen sie wieder bedenken
Und wollen ihn einschenken
Bier oder Wein
Oder was ihnen gefällig wird sein.
Auch bei dem Essen
Werden wir die Musik nicht vergessen,
Da sollen gehn Geigen und Pfeifen,
ein jeder Junggesell wird nach seiner Jungfer greifen
Und wird tanzen bis in die späte Nacht,
Bis uns der Wackerhahn wird gebracht
So wir heute etwas versehen,
Wollen wir morgen früher aufstehen
Und wollen alsdann unsre Sachen
Suchen wieder gut zu machen
Mit einem Glase Bier oder Wein
Oder was ihnen gefällig wird sein.
Wir hatten was gelernt, aber wenig vehalten.
Weil wir uns solange bei den Jungfern aufgehalten.
Ich spreche nun Amen ganz behende;
Unser Tag, der ist zu Ende.“
(aus der: „Zeitschrift des Vereins für Volkskunde“ von A.Asher, Berlin 1906)
Spruch aus der Pfalz
„Der Hochzetsvatter un die Hochzetsmutter, die Braut un der Hochzeider un meer Hochzetsbitter un so weider bitten: Ehr sollen am Dienschtag um neine im Hochzetshaus erscheine. Was Kich un Keller oⁿbelangt un was sich net tut wehre, des helfen verzehre. Sollen Messer un Gawwel net vergesse, sunscht missen ehr mit de Finger esse. Wollen ehr Weiⁿ un Bier aach trinke, missen ehr eich ee Gläsche mitbringe; un solang der Schornsteeⁿ raacht un ’s Zäppche laaft, dirfen ehr net heemgeh. Gut Nacht, un stellen eich fei in!“