Der Leierkastenspieler, u.a. auch Drehorgelspieler genannt,
trat in Europa nachweislich seit Beginn des 18. Jahrhunderts
zuerst als Bänkel- und Moritatensänger mit einer Drehorgel als Begleitinstrument auf.
In der Abb. links
stellte der Künstler Heinrich Christoph Kolbe dar,
wie ein junger Leierkastenspieler drei vornehme Damen
mit Gesang zur Drehorgel erfreut.
Ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erlebte die Drehorgel eine wahre Blütezeit und brachte Musik auch unter die einfache Leute. Da wurde schon mal aus dem Stand heraus das Tanzbein geschwungen und v.a. für Kinder war es ein willkommenes Vergnügen, wenn der Leierkastenspieler auftauchte.
Die ‚Vermehrung‘ der Leierkastenspieler hatte nicht unwesentlich damit zu tun, dass die österreichische Kaiserin Maria Theresia als erste Herrscherin im Rahmen des staatlich unterstützten Broterwerbs nach dem Siebenjährigen Krieg (1756–1763) Kriegsinvaliden Lizenzen erteilte, um „mit einer Drehorgel Erwerb zu suchen“.
Im Jahr 1838 zählte man in Wien bereits an die 800 dieser sogenannten Werkelmänner (Werkel = kleines Orgelwerk).
In Preussen wurde 1810 die Gewerbefreiheit eingeführt – laut dieser wurden Drehorgelspieler fortan als Gewerbetreibende eingestuft und Bewilligungen erteilt. Allerdings hatten sehr viele Leierkastenmänner keine eigene Drehorgel, sondern mieteten das relativ teure Instrument bei Herstellern oder Verleihern zu einem festen Tagessatz. In Berlin galten außerdem bestimmte ordnungspolizeiliche Regeln, und manchmal mussten sogar Eignungsprüfungen abgelegt werden.
Berufsbezeichnungen
Leierkastenspieler, Leierkastenmann, Leiermann, (österreichisch) Werkelmann
Drehorgelspieler, Drehleiermann, Orgelmann, Straßenorgler
Der Leierkastenmann gehörte im 19. und 20. Jahrhundert nie zu einem der reichen Leute.
Meist waren es arbeitslose, ältere oder körperlich versehrte Männer, die sich mit der Drehorgelei einen Almosen verdienten.
Dem Leierkasten brachte dies auch die Klassifizierung als ‚Bettelinstrument‘ ein.
Interessantes & Lustiges vom Leierkastenspieler
Das Lied vom Vater Zille [Willi Kollo, Hans Pflanzer]
Aus’m Hinterhaus schauen Kinder raus,
blass und ungekämmt mit und ohne Hemd.
Unten auf’m Hof ist ein Riesenschwoof
Und ich denk mir so beim Geh’n, wo hast Du das schon geseh’n?
Das war sein Milljöh, das war sein Milljöh.
Jede Kneipe und Destille kennt den guten Vater Zille.
Jedes Droschkenpferd hat von ihm gehört.
Von N.O. bis J.W.D. – das war sein Milljöh.
Dieses kleine Lied, das wir still Dir weih’n,
will nicht, wie man sieht, literarisch sein.
Gleichfalls strebt es nicht
Nach des Reichtums Gunst.
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Buchempfehlung
- Helmut Zeraschi: Drehorgeln. Leipzig 1976
- Musenklänge aus Deutschlands Leierkästen.1983
Hörbeispiel
>> Hier finden Sie ein Beispiel des Berliner Leierkastenmannes Jörg Frey