Die Drechsler

Konstruktionszeichnung für Holzständer
Drechsler, Handwerker, drechseln, Holzarbeit
[Richard Moser]

Das Drechseln ist seit dem Altertum bekannt und wurde ursprünglich nicht in Holz- und Metalldreher unterschieden. Es gehörte zu den geschenkten Handwerken, und für Gesellen war eine Wanderzeit vorgeschrieben. Auf dem altertümlichen Fideldrehstuhl, der im 13. Jahrhundert erfundenen Wippdrehbank, und der aus dem 18. Jahrhundert stammenden Fußdrehbank mit Kurbel und Schwungrad wurden Haushaltsuntensilien aus Holz gedrechselt: Becher, Kerzenleuchter, Schüsseln, Stühle, Schemel, Spinnräder, Teller. Im handwerklichen Bereich fanden Drehteile für Möbelschreiner, komplette Handwerksgeräte oder Fasshähne Verwendung. Aber auch für die Kunst wurden Pfeifen und andere Musikinstrumente hergestellt.
Während des Barocks wurden kostbare Materialien wie Bernstein oder Elfenbein und Edelmetalle verarbeitet. Seit dem 16. Jahrhundert wurde in der Metalldreherei die Antriebskraft des Wassers genutzt.



Berufsbezeichnungen

Drechsler, Drechslerin, Becherer, Beindreher, Bolzendrechsler, Büchsendrechsler, Holzdreher, Horndreher, Paternostermacher, Ringdrechsler, Rotschmieddrechsler, Schachtschneider, Spilkendreiher (Spinnraddreher)

in anderen Sprachen
Albanisch:
Bulgarisch:стругар
Dänisch:
Englisch:turner, lathe operator, lathe worker
Esperanto:
Finnisch:
Französisch:tourneur
Griechisch:
Isländisch:
Italienisch:
Latein:
Niederländisch:
Norwegisch:
Polnisch:
Portugiesisch:
Rumänisch:
Russisch:токарь
Schwedisch:
Slowakisch:
Slowenisch:
Spanisch:tornero
Tschechisch:
Türkisch:
Ungarisch:esztergályos

Berufsgruppe: Holzarbeiter
Berufsfamilie:   Schnitzer
Spezialisierungen:  Elfenbeindreher, Bernsteindreher
verwandte Berufe: Dreher


Kupferstich: Drechsler an der Drehbank
17.Jh. – [Jan Joris van Vliet]

Illustration: vier Drechsler bei der Arbeit mit Holz
[Swaret]

„Der Drechsler oder Dreher bedienet sich zur Bearbeitung des Elefenbeins, des Holzes, der Metalle, der Knochen, des Horns und andere Materialien vornehmlich der Drechselbank oder Drehbank. Es gehöret zu derselben: der Vordertheil, woran der Pfeiler, die Pinne, der Reitstock, die Armschiene und das Löcherholz – die Wippe, oder schlanke elastische Stange, der Dockenstock, die Spindel, die Schnur, der Schraubstock, die Bank mit der Rückenlehne. Er befestiget, zwischen den beyden Docken oder Reitstöcken einen walzenförmigen Körper, und schlingt um denselben die Schnur, die unten an dem Fußtritte, und oben an dem Ende der Wippe vest ist. Schiebt er nun den Fußtritt, und zieht er zugleich die Schnur, und das eine Ende der Wippe herunter, so wird auch eben dadurch der von der Schnur umschlungene Körper herumgedreht, an welchem er allerley scharfe Eisen, die mit Griffen versehen sind, anhält, und wovon er rund umher auf solche Weise Späne abschabet. Einige dieser Drechseleisen stecken da an der Wand, und heissen Meissel, die Röhre zum Aushöhlen, das Hohleisen zu erhabnen Ründungen, das Bohreisen zum Ausbohren, das Schraubeisen, mit dessen einem Ende man die äussern Schraubengänge an einer Schraube, und mit dessen andern Ende man die Gänge der innern Schraubmutter, welche man um die äussern Gänge brechen kann, herausdrechselt. Mit dem Tasterzirkel untersucht man die bestimmte Dicke der gedechselten Körper. Die aus Holz gedrechselten Waaren werden mit Spänen, mit Schafthalm, und mit der scharfen Haut vom Rochenfisch polirt, zuweilen mit etwas eindringenden Farben gebeizt, oder nur mit schwarzen Ringeln geziert, welche die Drechsler vermittelst eines an ihnen heftig geriebenen Holzes herumzieht. Die Kunstdrechsler können nicht nur kraisförmige Ründungen und Kugeln machen, sondern auch auf Figurbänken vielseitige eyförmige Figuren und halb erhobene Bilder drechseln. Die Waaren selbst sowohl der gemeinen als der Kunstdrechsler, sind von so unendlicher Verschiedenheit, daß sie nicht alle können bestimmt werden. Die gewöhnlichsten sind: Seulen, Gestelle, Füße, Spinnräder, Haspel, Feuersprizen, Kugeln, Kegel, Stöcke, Rollen, Schrauben, Dosen, Röhren, Knöpfe, Büchsen und dergl.“
(aus: Hrsg. J.S.Stoy: Bilder-Akademie für die Jugend. Nürnberg 1784)

alter Stich: Die Arbeit der Drechsler
1840, Österreich

Drechslerarbeiten im 19.Jh.

Objektzeichnungen
1831 – [Karl Ludwig Matthaey]

„Tab. III. Fig.1. Eine Reitpeitsche, der hier gezeichnete obere Griff ist von Elfenbein, und wie b zeigt, hohl; in demselben ist der Theil a. Dies ist oben eine Pfeife, endigend in einem Messer mit runder Schale, welches 4 Klingen und unten einen Zahnstocher hat. Dies Messer kann bei x durch eine Schraube von der Pfeife getrennt werden. Schraubt man in b den Knopf y ab, so ist z ein Petschtschaft, welches, mit einer Schraube versehen, den hohlen Raum schließt, welchen a in sich faßt, c ist die Ansicht eines Griffes.
Fig.2. zeigt einen künstlichen Spazierstock, an dem elfenbeinernen Griffe ist das Petschaft c, unter demselben, wie aus dem Durchschnitt a und dem Grundriß d zu ersehen, ein Behälter zu Stahlfedern, der Stock ist von einem sehr feinen Holz gedrechselt und geschnitten, der Knopf von Elfenbein und eingelegt, wie b zeigt.
Fig.3. a b ist ein Zahnstocher in Form eines Schwertes.

Objektzeichnungen
1831 – [Karl Ludwig Matthaey]

Tab. IV. Fig.1. Eine Staatsreitpeitsche von seinem gedrehten Stahl.
Fig.2. Ein solcher Stock, die mittlere Stange geht durch, und ist mit Knopf und Zwinge fest verbunden.
Fig.3. Eine Nadelbüchse von Elfenbein, bunt ausgelegt, in Form eines Köchers, einer der Pfeile muß zum Heraussziehen sein und durch den Druck an eine Feder die Büchse bei a schließen und öffnen.
Fig.4. Ein Nähkissen in Form einer Muschel, die äußere Muschel ist von Elfenbein, die innere von feinem bunten Holze, der Bügel und die Schraube von Messing. a zeigt die Aussicht und b die Ansicht.
Fig.5. zeigt ein Nähkissen in Gestalt eines Globus. Bügel und Gestell nebst Schraube sind Metall, der Globus Buchsbaum. a ist ie Ansicht, wie das Nähkissen geschlossen, b wie die obere Hälfte herunter genommen, und c dieselbe, wie sie mit Scheere, Nadelbüchse und Trennmesser versehen ist.“


(Karl Ludwig Matthaey: Abbildung und Beschreibung der modernsten Formen für Kunstler und Handwerker. 1831)


Der Spilkendreiher

Der Spilkendreiher.
Auf dem Lande gibt es noch heutzutage hier und dort einen Drechsler. Früher nannte man ihn allgemein den „Spilkendreiher“; denn fast seine ganze Beschäftigung bestand zu jener Zeit darin, die so wichtigen Spinnräder (Spilken) zu drehen oder zu drechseln.
Vom Morgen bis zum Abend fand man den Meister darum gewöhnlich in seiner Werkstatt. Spinnräder, Haspeln, Spulen usw. stellte er in allen ihren Teilen und Teilchen selbst an der Drehbank her. Er benutzte dazu in der Regel Buchenholz. Solch ein Spinnrad war nicht teuer. Es schmutzte aber leicht und wurde darum häufig angestrichen. Wer aber ein schönes Spinnrad haben wollte, bestellte sich eins aus Zwetschenbaumholz. War dieses erst poliert, so machte es einen feinen Eindruck. Besondere Sorgfalt wandte der Spilkendreiher an, wenn es galt, ein Braut-Spinnrad herzustellen. Dazu verzierte er mit allerhand weißen Knöpfen, welche aus Knochen oder gar Elfenbein vorsichtig und oft recht kunstvoll gedrechselt wurden.
Natürlich wurde dem Alten auch manches beschädigte Spinnrad ins Haus gebracht. So hatte der Meister immer alle Hände voll zu tun. Die Zunft des Drechslers besteht zwar noch heute. Doch finden wir den Drechsler heutigentags mehr in der Stadt als auf dem Lande, und die meisten von ihnen bekommen wohl kaum noch einmal ein Spinnrad oder dessen Teile in die Hand. Sie machen heutzutage eben ganz andere Sachen, wie Pfeifen, Spazierstöcke, Schachfiguren, Dominoklötze usw. Sie sind also keine ‚Spilkendreiher‘ mehr.“

(Hrsg. Ernst Bock: Alte Berufe Niedersachsens. 1926)


Drechsler – Berufsbeschreibung von 1953

„Drechsler, handwerklicher und industrieller Lehrberuf, abgeschlossene Volksschulbildung, Lehrzeit 3 Jahre, zu den Holzberufen und zur Berufsfamilie der Schnitzer gehörend.
Der Drechsler fertigt auf der Drechselbank (Holzdrehbank) rundgeformte Gegenstände aus Holz, Hartgummi, Elfenbein, Naturhorn, Zelluloid usw. sowie aus Kunststoffen, wie Teller, Schalen, Holzvasen, Lampenfüße, Kegel, Schachfigurfüße, Billardkugeln, Stock- und Schirmgriffe, verzierte Stangen aller Art, Möbelteile und -knöpfe, Teilstücke für die Bautischlerei.
Der Beruf verlangt kräftigen Körper, geschickte Hände, Formensinn, Zeichentalent.
Gesellen- bzw. Facharbeiterprüfung vor zuständiger Innung bzw. Industrie- und Handelskammer.
Weiterbildung: Besuch von Fachschulen.
Aufstiegsmöglichkeiten. nach Meisterprüfung Werkmeister, Betriebsleiter bzw. Selbständigmachung.
Berufsaussichten nicht günstig.
Der Beruf ist auch für Frauen geeignet.“

(Justus Streller: Wörterbuch der Berufe. Alfred Kröner Verlag Stuttgart, 1953)


Werkzeuge und Geräte

  • Drehbank (Drechselbank)
  • Bohrwerkzeuge: Ringbohrer, Perlbohrer, Schneidbohrer
  • Feilen und Raspeln
  • Gewindeschneider
  • Gewindesträhler
  • Maßwerkzeuge
  • Meißel, Stemmeisen
  • Plattenstahl
  • Röhren: Drehröhre, Schuppenröhre
  • Schneidkluppe
Drechslerwerkstatt und Werkzeuge
1844 – [Schreiber]

Produkte der Drechsler

Büchsen * Fasshähne * Haspeln * Kegel * Kugeln * Möbelpfosten * Möbelstollen * Röhren
* Säulen * Schlegel * Schüsseln * Spinnräder * Teller


Drechsler weltweit


Buchempfehlungen

  • Rolf Steinert: Drechseln in Holz. Fachbuchverlag Leipzig, 1990