Die Buchbinder

Der Buchbinder fasst die losen, gedruckten oder leeren Blätter zu einem Buch oder Heft zusammen,
das er abschließend mit einem Einband versieht.

Nach Beendigung von Redaktion, Satz, Layout und Druckarbeiten ist das Buchbinden
der abschließende Arbeitsgang der Buchherstellung. Es umfasst alle Schritte vom Ordnen
und Zusammenfügen der Papierlagen zu einem Buchblock bis zur Herstellung und Verbindung der
den Buchblock umschließenden äußeren Hülle (Bucheinband), inklusive deren künstlerische Gestaltung.

Die Buchbinderei entwickelte sich langsam im Hochmittelalter
und wurde zunächst von Laienbrüdern im Kloster ausgeführt.


Der Buchbinder im Mittelalter

Sammelbild: zeigt diverse Werkzeuge und Buchbinder, der Bücherstapel trägt ~1575

Text zum Sammelbild:

Der Buchbinder.
Das Buchbinderhandwerk kam aus dem Kloster.
Vor 1500 wurde es selten, doch in den Städten schon kunstvoll betrieben.
Prachtvolle Einbände zeugen vom Können zünftiger Meister.
Von einem solchen hat Hans Sachs geschrieben:
»Ich bind allerley Bücher ein … «

1934 – Tengelmann-Sammelbild
mit Handwerker Darstellung von ca. 1575


Berufsbezeichnungen

Buchbinder und Buchbinderin   –   (veraltet)  Glutinator

>> in anderen Sprachen
Bulgarisch:книговезници
Dänisch:bogbinder
Englisch:bookbinder, binder
Französisch:relieur, brocheur
Isländisch:bókbindari
Italienisch:legatore, rilegatore
Lateinisch:bibliopegus, glutinator
Niederländisch:boekbinder
Norwegisch:bokbinder
Polnisch:introligator
Portugiesisch:encadernador
Rumänisch:legător
Russisch:переплётчик
Schwedisch:bokbindare
Slowenisch:knjigovez
Spanisch:encuadernador, empastador
Tschechisch:knihař
Türkisch:ciltçi
Ungarisch:könyvkötő

Spezialisierungen:   Einbandgestalter,   Kunstbuchbinder,   Sortimentsbuchbinder
verwandte Berufe:   Buchdrucker,   Buchrestaurator,   …


Die Buchbinderei im 16.Jh.

Holzschnitt: ein Buchbinder arbeitet mit Beschneidehobel, ein anderer an einer Heftlade - 1568
Originaltext 'Der Buchbinder' - 1568

Ich bind allerley Bücher ein /
Geistlich vnd Weltlich / groß vnd klein /
In Perment oder Bretter nur
Vnd beschlags mit guter Clausur
Vnd Spangen / vnd stempff sie zur zier /
Ich sie auch im anfang planier /
Etlich vergüld ich auff dem schnitt /
Da verdien ich viel geldes mit.

1568  [Jost Amman / Hans Sachs]


Die Buchbinderei im 17.Jh.

Kupferstich: ein Buchbinder arbeitet an einer Heftlade, ein anderer hämmert im Hintergrund - 1698
Originaltext 'Der Buchbinder' - 1698

Gott merckt und liset still, was man verblättern will.
_____________________________________________
Des Menschen Hertz ist wie ein Buch:
Gott spannt es in die Kreutzes=Pressen,
und heftet, (wie Er abgemessen,)
daran die die Gnade für den Fluch.
Zuletzt will Er nach Schlag und Schneide,
dasselb‘ in guldnen Segen kleiden.

1698  [Christoph Weigel]


Zunftzugehörigkeit & -zeichen

Anfang des 15. Jahrhunderts gab es die ersten Gilden in London und Paris
und ab Mitte des 16. Jahrhunderts die Buchbinderzünfte.

Originaltext: Buchbinder - 1889

Buchbinder. Ihr Zunftsymbol bildet eine geschlossene, aufrecht gestellte „Bibel“, resp. ein eingebundenes Buch. Die Danziger Zunft führte 1598 im Schilde, über welchem ein Engelsköpfchen, eine Buchbinderpresse dazwischen. Ein neueres Siegel von 1608 hat dieselbe Vorstellung im Schilde, diesen aber gehalten von zwei Engeln in langen Gewändern. Auch die Lüneburger und Greifswalder Buchbinder führen, jene 1641, diese 1736 die Presse.
Auf dem Siegel der Braunschweiger Buchbinder, 18. Jahrhundert, halten zwei sich gegenüber stehende Engel in langen Gewändern eine Buchbinderpresse.

Ein altes schön gravirtes Siegel der Dresdner Buchbinder von 1568 zeigt ein quer getheiltes Schild, oben eine Presse, zwischen der ein Buch hervorschaut; unten drei Bücher mit Schließen und Beschlägen 2 und 1 gestellt.
[…]
Die Winterthurer Buchbinder führten 1682 einen Schild mit Presse, darüber aufgeschlagen ein Buch mit den Worten: Soli Deo Gloria. Schildhalter zwei Greifen mit Glätteisen und Schlägel.

Ein modernes Wappen der Leipziger Buchbinder […] zeigt im Schilde eine Handpresse, über der Glättholz, Beschneidemesser und Pinsel sich kreuzen. Auf dem Schild ein Helm, dem als Zier ein Lehrling entwächst, ein gebundenes Buch unter dem Arme tragend.


[Alfred Grenser  ‚Zunft-Wappen und Handwerker-Insignien‘ – 1889]

Die Buchbinderei vom 17. bis 19. Jahrhundert


Das Handwerk der Buchbinder

Vom bedruckten Papier bis zum fertigen Buch sind mehrere verschiedene Arbeitsschritte nötig.

Herstellen des Buchblocks

  • Sortieren und Ordnen
  • Falzen (Trichterfalzung, Klappenfalzung, Messer/Schwertfalzung, Taschenfalzung)
  • Heften
  • Buchschnitt (Naturschnitt, Graphitschnitt, Kreideschnitt, Sprengschnitt, Tupfschnitt, Marmorschnitt, Goldschnitt)

Herstellen des Bucheinbandes

  • Biegen, Verformen, Stauchen, Nuten, Rillen, Ritzen, Perforieren, Stanzen, Lochen
  • Kleben
  • Pressen
  • Das Kapital
  • Verzieren, Prägen und Vergolden
  • (früher auch) Beschlagen
Litho: 23 Illustrationen zur Buchbinderei - 1922, FR

[‚Die Buchbinderei‘ – Wörterbuch LAROUSSE, 1922]

Buchbinden:  1. Beschneiden eines Buchblocks;  2. gezahntes Beschneidemesser;  3. Heften von Hand an einer Heftlade;  4. Polieren des Blockrückens mit Glättzahn;  5. Heftmaschine;  6. Beschneidemaschine;  7. Prägestempel;  8. Glättzahn (Poliereisen);  9. Handbuchpresse;  10. Buchpresse;  11. Schraubstock;  12. Drahtgitter;  13. Drahtbürste;  14. Spannen einer Handpresse;  15. Befestigung von Bändern am Pappeinband;  16. Prägevergoldung des Buchrückens mit einer Filete;  17. Prägevergoldung des Buchdeckel mit Stempel;  18. Prägemaschine;  19. Buchblock aus zusammengesetzten Blättern;  20. Blockrücken mit vier Bändern versehen;  21. Blockrücken getrimmt und gerundet;  22. kartonierter Buchblock;  23. fertig gebundenes Buch


verwendete Materialien

Farbfoto: alte Musterkarte für Ledereinbände
  • Heftmaterialien  (Heftgarn, Heftband, Heftdraht)
  • Karton und Papier
  • Klebstoffe  (Buchbinderleim, Klebelack, Kunstharz – früher auch Mehlkleister )
  • Einbandmaterial  (Leder, Stoffgewebe, Kunststoff)
  • Prägefolien und Schlagmetalle  (z.B. Blattgold)

Werkzeuge & Maschinen

Zeichnung: Werkzeug der Buchbinder im 17. Jh

Abb. links:  1. Rückenrunde-Hammer;  2. Hammer zum Ableimen;  
3. Hämmerlein zum Klausuren Anschlagen;  4. Goldschnittraspel;  
5. Eisenlineal;  6. Biegezange;  7. Kleisterpinsel; 8. Glättekolben;  
9. Stechbeitel;  10. Stemmeisen;  11. Gravierte Rolle für geputzte Goldschnitte;  
12. Einlegehölzchen für Bünde (Vorläufer der Bündezange);  
13. Eckenabstosseisen

sw Foto: Buchbinderwerkzeuge & Utensilien - 1914, USA

Abb. rechts:  1. liegende Buchpresse;  2. Buchrückenbretter;  3. Falzbein;  4. Hebelschneider;
5. Kopfmesser;  6. Heftlade;  7. Buchrückenstäbe;  8. Buchstabebpresse;  9. Rückwärtssäge;
10. Gelenkstangen;  11. Druckblech;  12. Druckbrett


Die industrielle Buchbinderei

Die zunehmende Nachfrage nach Büchern führte gegen Ende des
19. Jahrhunderts zur Industrialisierung des Buchbindergewerbes.


Dies & das

Siegelmarken


Buchempfehlungen

  • Gerhard Zahn: Grundwissen für Buchbinder. Schwerpunkt Einzelfertigung. Verlag Beruf + Schule, Itzehoe 1990
  • Hans Loubier: Der Bucheinband in alter und neuer Zeit. H. Seemann Verlag, Berlin 1903
Innenbildrelief eines Zinntellers: 2 Buchbinder bei der Arbeit ~1900