Der Pfandleiher

Gemälde: viele Wartende mit ihren Pfändern im Leihhaus-Vorraum - 1866

Der  Pfandleiher  gewährt für bei ihm hinterlegte, bewegliche Wertsachen  (Pfänder)  für kurze Zeit ein Gelddarlehen und gehört somit zur Kaufmännischen Berufsgruppe. Sein Geschäftsort wird als Leihhaus, Pfandhaus, Pfandleihhaus, Pfandleihanstalt, Leihamt oder Versatz-Amt bezeichnet.
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•   Berufsbezeichnungen   •   Bücher   •   Filme   •   Humor   •   Geschäftseröffnung   
•   Geschächtszeichen   •   Die Kundschaft   •   Leihamt   •   Schutzpatron   •   Versteigerung   

iconDie 1650 gegründete Regensburger Pfandleihe ist übrigens die älteste,
ununterbrochen in Betrieb befindliche Pfandleihe Deutschlands.

sw Federlitho: Pfänderleiher begutachtet Uhren - 1860

Gemälde: alter Lombart prüft Schmuck mit Lupe - 1870

Zum Pfandleiher geht man meistens dann,
wenn man kurzfristig etwas Bargeld benötigt.
Das ist unkomplizierter, als bei der Bank
einen Kredit zu bekommen.

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um 1870 – ‚Der Pfandleiher‘ [Carl Schleicher]

1860 – ‚Der Pfänderleiher‘

[…] Das erste öffentliche Leihhaus wurde in Perugia 1462 durch den Franziskanermönch Barnaba gegründet;
das erste deutsche entstand 1498 in Nürnberg.
Solche öffentliche Anstalten beleihen die von eignen Sachverständigen abgeschätzten Pfänder bis zu 75 oder 80 % der Schätzungssumme auf kurze Zeit, gewöhnlich bis zu 6 Monaten, gegen Abgabe eines Leihscheins (Pfandscheins). Dem Inhaber dieses Scheines wird das Pfand gegen Rückzahlung des Darlehns zurückgegeben. Wird das Pfand nicht bis zu der auf dem Schein benannten Frist eingelöst, so wird es öffentlich versteigert. Dabei erzielte Überschüsse werden dem Pfandschuldner zurückgegeben. Der Zins muß bei diesen Anstalten höher als der übliche bemessen werden, weil die Verwaltungskosten verhältnismäßig hoch sind (Aufbewahrung, Erhaltung der Pfänder etc.) und dazu noch zeitweilige Verluste durch Verderb, insbes. durch Mindererlös bei der Versteigerung, treten. Infolgedessen sind auch schon viele Gemeindeanstalten nach kurzem Bestand wieder eingegangen. […]

[Meyers Großes Konversationslexikon, 1902-1909]


Berufsbezeichnungen

Pfandleiher   –   (veratltet)  Pfänderleiher,   Lombard,   Lumpart
Albanisch: fajdexhi
Bosnisch: zalagaoničar
Bulgarisch: заложните къщи
Dänisch: pantelåner
Englisch: pawnbroker, money lender
Estnisch: pandimajapidaja
Finnisch: panttilainaaja
Französisch: prêteur sur gage
Irisch: geallbhróicéir
Isländisch: veðlánari
Italienisch: prestatore su pegno
Lateinisch: pignerator
Litauisch: lombardininkas
Niederländisch: pandjesbaas, lommerdhouder
Norwegisch: pantelåner
Polnisch: lombard
Portugiesisch: penhorista
Rumänisch: cămătar
Russisch: ломбард
Schwedisch: pantlånare
Slowenisch: posojevalec, proti zastavi
Spanisch: prestamista
Ungarisch: zálogos

Spezialisierungen:   Schmuck-Pfandleiher,   Wertpapier-Pfandleiher,   Fahrrad-Pfandleiher,   KFZ-Pfandleiher


 

Der Pfandleiher & seine Kundschaft

Neben den ohnehin Armen gehör(t)en von jeher auch wohlhabendere Leute zum Kundenkreis der Pfandhäuser,
denn auch letztere kennen finanzielle Engpässe.

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Geschäftszeichen & Siegelmarken

 


Der Schutzpatron der Pfandleiher

 

Hist. Darstellung: Der Heilige Nikolaus mit 3 goldenen Kugeln (Äpfeln)
Der Heilige Nikolaus

 

Der historische Nikolaus und Namensgeber soll im 4. Jahrhundert
in der antiken Stadt Myra  (in der heutigen türkischen Provinz Antalya)  gelebt haben.
Über sein Leben gibt es nur wenig belegte Tatsachen, dafür aber umso mehr Legenden. Der Überlieferung nach soll der reich Geborene sein geerbtes Vermögen an die Armen verteilt haben und für seine Großzügigkeit bekannt gewesen sein.

 


 

Farbfoto: Toreinfahrt des denkmalgeschützten Ziegelbaus
2009, Berlin-Mitte

Leihämter

 

… wurden als kommunale oder staatliche Anstalten eingerichtet, die als gemeinnützige Institution dem Wucher privater Pfandleiher entgegenwirken sollten. Durch Einsatz vereidigter Taxatoren sowie klarer Regeln bei der Beleihung, genau festgelegte Gebühren und staatliche Kontrolle sollte Missbrauch verhindert werden.

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Das 1784 in Berlin eröffnete  ‚Königliche Leihamt‘  wurde bis 1990 genutzt.

 

 

 

sw Foto: Mitarbeiter registrieren und sortieren Pfänder - 1931sw Foto: mit Pelzmäntelverwahrung beschäftigter Mitarbeiter - 1931

 

 

 

 

 

 

Pelzkammer

Städtische Pfandleihe Berlin, 1926

Silberkammer


Die notgedrungene Versteigerung nicht ausgelöster Pfänder

… »außer Spesen nix gewesen«

Der gepflegte private Leihhausbetrieb hat seinen Kundendienst so ausgebaut, daß der Ausfallquotient ein außerordentlich niedriger ist. Der größte Teil der privaten Betriebe behandelt seine Kunden individuell, d.h. schon bei der Aufnahme des Kredites finden aufklärende Besprechungen über den Geschäftsablauf statt. Ein Teil der Betriebsführer überreicht dem Kunden Pfandscheinschutzhüllen, auf denen ihm die Geschäftsbedingungen gedruckt nahegebracht werden, oder man gibt dem Verpfänder in kurzer, sachlicher Form Hinweise, um denselben zu veranlassen, sich seine als Pfand gegebene Sache möglichst [wieder auszulösen].

Dennoch ist es bei der Millionenzahl der jährlich getätigten Pfandkreditgeschäfte unerläßlich, in gewissen Zeitspannen, je nach Struktur des einzelnen Betriebes, die Realisierung verfallener Pfandobjekte durch eine Versteigerung vorzunehmen. Trotzdem bringt die Pfandversteigerung neben einem bedeutenden Arbeitsanfall für ihn nur Verluste. 
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[Das Handbuch für den Kleinpfandkredit, 1939]

Die Mindestaufbewahrungszeit für verpfändete Gegenstände beträgt 4 Monate. Im Schnitt werden ca. 10% der Dinge nicht wieder abgeholt. Vor Ablauf des 10. Monat müssen diese dann versteigert worden sein; was bei geringerer Nachfrage nicht oder nur mit Verlust möglich ist. Da die übrig gebliebenen Gegenstände nicht dem Pfandleiher gehören, muss die Versteigerung immer durch einen amtlichen Auktionator durchgeführt werden. Ein ggf. entstandener Mehrgewinn muss abzüglich entstandener Kosten und Gebühren an den Pfandgeber (so dieser doch noch beim Geldverleiher vorspricht) ausgezahlt werden. Lässt sich dieser jedoch nicht mehr blicken, sind erzielte Überschüsse jährlich an das jeweilige Bezirks- oder Ordnungsamt abzugeben. Unter’m Strich geht ein Leihhaus durch Versteigerung also bestenfalls ± Null aus.

Nach dem II. Weltkrieg gab es in Berlin 123 Pfandhäuser;
im Jahr 1991 hatte sich ihre Zahl auf 16 reduziert.

 


Voraussetzungen für Eröffnung & Betrieb einer Pfandleihe

 

Um  eine  Pfandleihe  zu  eröffnen,  muss  beim  zuständigen  Ordnungsamt  eine  gewerberechtliche  Zulassung  gemäß  § 34 der Gewerbeordnung  beantragt werden. Neben einzureichenden Unterlagen (Nachweis über geordnete finanzielle Verhältnisse und ausreichende erforderlichen Mittel sowie amtliches Führungszeugnis) ist vom Antragsteller eine Gebühr für die Erteilung der Pfandleiherlaubnis zu entrichten, die von Ort zu Ort differiert. In vielen Kommunen sind zusätzlich hohe Sicherheiten nachweisen  (in Köln bspw. in Höhe von 100.000 Euro).

Darüber hinaus wird gemäß  § 8 Pfandleihverordnung  eine Versicherung verlangt: »Der Pfandleiher hat das Pfandgut mindestens zum doppelten Betrag des Darlehens gegen Feuerschäden, Leitungswasserschäden, Einbruchdiebstahl sowie gegen Beraubung zu versichern.«


Humor

 

Humor-Postkarte: Herr mit übergroßem Pfandschein und Vers - 1902
1902
Humor-Postkarte: Mann klingelt nachts beim Pfandleiher - 1910, Engl.
1910, England

»Was bringt Sie dazu, 3 Uhr nachts 
nach der Uhrzeit zu fragen?«
»Nun, (Higg!) Sie haben meine Uhr!«

 

 

»Es ist bestimmt in Gottes Rath,
Dass man vom Liebsten, was man hat,
muss scheiden.«

 


Filmtipps

Werbekarte: Charlie Chaplin auf einer KlappleiterDas Pfandhaus  (The Pawnshop)
US-amerikanischer Stummfilm von 1916
von + mit  Charlie Chaplin  (1889-1977)

 

sw Foto: Lady bietet Kerzenständer als Pfand anDer Pfandleiher  (The Pawnbroker)
US-amerikanischer Spielfilm von 1964
mit 
Rod Steiger  (1925-2002)

Der Pfandleiher
Fernsehfilm von 1971
mit  Heinz Rühmann
(1902–1994)

 

 

 


Buchempfehlungen

 

BuchcoverKarin Beyer:  Der Pfandleiher
– TB, Books on Demand, 2012

Buchcover

Edward Lewis Wallant:  Der Pfandleiher
– Berlin Verlag, 2015

 

 

 


 

 

Foto: Schaufenster eines Leihhauses
2018, Berlin – [Foto: Sulamith Sallmann]