Der Leinweber

in der Werkstatt der Leineweber
1820 (c) F. Däniker

Berufsbezeichnungen

Leinweber, Leinweberin, Leineweber, Leinenweber, Leinenreider, Linnenweber, Leinentuchmacher, Leinentuchweber, Leinenwebersche, Leinenweberin, Leinwanderin, Leinwandweber, Flachsweber
veraltet: linenwever, lininweber, linnenweuer, linweber,  lynewefer, leynweber, leyninweber

Leinweber in anderen Sprachen

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Afrikaans:Linnewewer
Albanisch:endëse liri
Arabisch:ويفر الكتان
Baskisch:Liho-ehulea
Bosnisch:Tkač platna
Bulgarisch:Тъкач на бельо
Dänisch:Linnedvæver
Englisch:linen weaver
Esperanto:Tola teksisto
Estnisch:Linane kuduja
Finnisch:Pellavakutoja
Französisch:Tisserand de lin
Griechisch:υφαντής λινών
Irisch:Fíodóir línéadaigh
Isländisch:Línvefari
Italienisch:tessitore di lino
Japanisch:
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Niederländisch:Linnewever
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Berufsfamilie:  Weber
verwandte Berufe: Tuchweber, Seidenweber


alter Stich: Leinweber, niederländischer Text dazu
1717, Niederlande [van Luyken]

Der Leinweber webte in früheren Tagen am Webstuhl Leinentücher in unterschiedlichen Größen aus Leinenfäden.
Leinen wurde auh für Leinwände in der Malerei, für Bucheinbände u.ä. verwandt.
Im 19. Jahrhundert fing man an, das Leinen in Manufakturen industriell zu fertigen.
Die Leinenweber wurden mitunter dazu verpflichtet, beim Aufbau des Galgens zu helfen.


Vom Flachs zum Leinen

Anbau und Verarbeitung in vergangenen Zeiten

Im Frühling wird der Flachs mit der Sämaschine ausgesät. Man sät aber nur in jede zweite Reise aus, damit man später noch Platz hatte, um den wachsenden Flachs zu hacken, um es frei von Unkraut zu halten. Wenn die Flachspflanze dann im August gelb wird, die ersten Blätter bereits abgefallen sind, was man auch als Gelbreife bezeichnet. Nun ist es Zeit für die Flachsraufe. Auch die Samen sind nun reif. Meist wird die Pflanze samt Wurzel herausgerissen oder eben herausgerauft. Heute erledigen das Raufmaschinen.
Die Stengel werden zu Büscheln zusammengebunden und drei von ihnen dann wiederum zu Flachsmännchen gestellt.
Nach diesem Vortrocknen, was ungefähr eine Woche dauert, werden die Pflanzen in der Scheune auf der Tenne mit einen Seil zum weiteren Trocknen aufgehangen.
Danach ist es Zeit, die Samenkapseln von den Stengeln zu riffeln. Dazu zieht man die Pflanzen durch eine Art aufgestellten Metallkamm.
Die Samenkapseln müssen anschließend ausgedroschen werden, um den Leinsamen zu gewinnen. Früher mit dem Drescheflegel, heutzutage mit einer Dreschmaschine. Mithilfe einer Putzmaschine reinigt man nochmal abschließend den Samen. Entweder verarbeitet man den Leinsamen zu Leinsamenmehl und – öl oder man verfüttert es an die Kälber.
Die übriggebliebenen Flachsfasern legt man für drei Wochen auf der Wiese aus zu rösten, wobei der Flachs regelmäßig geendet werden muss. Unter rösten oder auch der Rotte versteht man den Vorgang, dass sich durch Bakterien und Pilze, das Fasergewebe voneinander trennt. Dieser Vorgang muss rechtzeitig unterbrochen werden, so dass die Fasern nicht anfangen zu faulen.
Später werden sie dann in den noch warmen Backofen gelegt, so dass die Stengel richtig durchtrocknen und hart und brüchig werden.
Die nun spröden Stengel werden nun mit einer Flachsbreche gebrochen. Dabei erhält man man kurze holzige Stücke, die auch Onger oder Schäben genannt werden. Sie werden als Einstreu im Viehstall oder aber zur Isolation beim Gebäudebau und auch von den Ofensetzern verwendet.
Der Flachs selbst, der dann beim Brechen übrig bleibt, wird mit einem Schwingholz, welches das Aussehen eines Holzmesser in Säbelform hat, von den restlichen Schäben gesäubert.
Al nächster Schritt folgt das Hecheln, Dabei wird durch Kämmen der Flachs noch weiter gereinigt und immer feiner gezogen.
Ein weiteres Abfallprodukt entsteht bei diesem Vorgang: das Werg. Auch dieses findet seine Verwendung, nämlich zum Strickeschlagen.
Die gehechelten Flachfasern werden zu Zöpfen gedreht und so bis zum Spinnen aufbewahrt.
Die Fasern werden nun auf einen Spinnrocken gewickelt und mithilfen von farbigen Bändern befestigt.
Die Fasern werden zu Fäden versponnen und diese wiederum zu Zwirn oder Garn.
Das kommt dann auf eine Haspel. Manche haben einen Schnappmechanismus, durch den die genaue Länge des Fadens festgelegt werden kann. 60 Umdrehungen sind ein Gebinde.
Nun kann das Garn für’s nachfolgende Weben auf dem Kettbaum angebracht werden.


Schnurrolle

„Mit berechtigtem Stolz stand die fleißige Bäuerin vor ihrem gefüllten Leinenschrank. Sie mußte die schneeweißen handgewebten Leinenrollen anders hinpacken, um Platz für neue Packen zu schaffen. Die Garnstücke dazu lagen bereits abgezählt da. Nur ließ der alte Leinweber aus dem Nachbardorfe wieder lange auf sich warten. Fast ungeduldig darüber spricht die Bäuerin für sich: ‚Wenn de olle Himmelsfechter doch nu Wort holen wolle!‘
Energisch durfte sie ihm gegenüber nicht werden, sonst ließ er sie mit ihrem Garn sitzen. Denn seit die meisten seiner Kollegen ihre Webstühle abgebrochen und sich lohnenderen Beschäftigungen zugewandt, hatte der alte Meister Arbeit in Hülle und Fülle. Wenn er darum seine Kundschaft etwas warten ließ, so wurde ihm das weiter nicht übelgenommen. Schon in der Abendzeit des nächsten Tages erschien der hagere Leinweber mit seinem großen leinenen Sacke, den er gewöhnlich zum Abholen des Garns benutzte. […] Leinweber und Bäuerin hatten sich bald über die Art des zu fertigenden Gewebes verständigt. Mehr als einmal hatte er ihr laut und deutlich gesagt: ‚To’n Packen hört 6 Stiege, un 1 Stiege gisst 20 Ellen!‘ Daß er allein zum Scheren eines Gewebes von 3/4 Ellen Breite und 120 ellen Länge 70 Stück Garn gebrauchte, wußte sie aus früheren Jahren noch. Zwei Packen sollten diesmal angefertigt werden. Da der alte Mann alles Garn dazu nicht auf einmal tragen konnte, mußte ihm die Großmagd das übrige am nächsten Morgen zutragen. […] Er ließ es sich nicht nehmen, der wißbegierigen Magd alle Teile des großen altmodischen Webstuhles zu zeigen. Das Gestell bestand aus 4 starken Säulen, die durch Längs- und Querriegel miteinander verbunden waren. Die Kammlade, die an den Längsriegeln aufgehängt war und die sogenannten Geschirre, Schäfte oder Kämme, Breithalter oder Spulen und Schützen bildeten wohl die wesentlichsten Teile am Stuhl.
Auch den Vorgang des Webens erklärte er: Zunächst hatte er die einzelnen Garnstücke nacheinander auf die Winde zu spannen, um dann das Garn von dort auf die Rollen, Pfeifen oder Spulen des Scherrahmens laufen zu lassen. Von den Spulen werden die einzelnen Fäden auf den sogenannten Scherbaum gebracht und zur Kette verarbeitet. Die Kette wird dann aufgebäumt. Sie bildet die Fadengruppe, welche in der Längsrichtung läuft. Die Geschirre, Schäfte oder Kämme tragen zum ordnungsmäßigen Laufen der Kettenfäden bei; denn sämtliche Kettenfäden sind durch sie gezogen und auf sie gleichmäßig verteilt. Mittels eines Trittbrettes werden die Schäfte abwechselnd gehoben und gesenkt und damit zugleich die Kettenfäden für den Durchgang des Schützen oder Schiffchens mit dem Schußfaden auseinandergebreitet. Bei gewöhnlicher Leinwand läuft jeder Schußfaden abwechselnd über oder unter einem Kettenfaden. Der sogenannte Breithalter, ein zweiteiliger verstellbarer Holzstab, dessen Enden Haken zum Einspießen in das Gewebe besitzen, sorgt, wie schon der Name sagt, zur Einhaltung einer gleichmäßigen Breite des Gewebes. Sind etwa 2 Ellen fertig gewebt, so werden zwecks Schlichtens des Gewebes Kammlader und Geschirre zurückgeschoben. An einem Tage kann wohl ein fleißiger Leinweber, je nanch der Güte des Garns, 10-15 Ellen fertigstellen. Um 1870 wurden für die Elle 15 Pfennig gezahlt.
[…]“


(Hrsg. Ernst Bock: Alte Berufe Niedersachsens. 1926)

Leinenverarbeitung in anderen Ländern


Die industrielle Herstellung


Das Lied von den Leinewebern

Die Leineweber haben eine saubere Zunft,
Mittfasten halten sie Zusammenkunft.

Die Leineweber haben sich ein Haus gebaut
Von Buttermilch und Sauerkraut.

Die Leineweber sind alle auf du und du,
Sie trinken einander aus dem Waschkübel zu.

Die Leineweber schlachten alle Jahr zwei Schwein,
Das eine ist gestohlen, und das andere ist nicht fein.

Die Leineweber sind eine kahle Art,
Sie kriegen keinen Backenbart.

Die Leineweber nehmen keinen Lehrjungen an,
Der nicht sechs Wochen hungern kann.

Die Leineweber haben alle Jahre ein Kind,
Die Blitzkröt ist sechs Wochen blind.

Die Leineweber haben auch ein Schifflein klein,
Da fahren sie die Mücken und Flöhe drein.

Die Leineweber stehlen alle Tag einen Strang,
Ist er nicht kurz, so ist er doch lang.

Die Leineweber machen eine zarte Musik,
Als führen zwanzig Müllerwagen über die Brück.

(aus: Alte Handwerkerschwänke. Leipzig)