Der Fakir

Farbbild: islamischer Fakir in geistiger Versenkung
13. Jh., Zentralasien

Ursprünglich ist ein  Fakir  ein religiöse Anhänger,
besonders des Islam oder Hinduismus, der durch Kontemplation, besondere Atemtechnik und lange Praxis der Körperbeherrschung übernatürlich erscheinende physische und  psychische Zustände hervorzubringen vermag.

Fakir (arab. ‚Armer‘), in Indien ein Büßender, welcher mit struppigem Haar und fast nackt einher zieht und sich die schmerzhaftesten Selbstpeinigungen zufügt, um die Sinnlichkeit zu ertöten und der Betrachtung über Gott und religiöse Gegenstände nachzuhängen. Viele nehmen die Weise eines Fakirs an, um Almosen zu erlangen oder als Wahrsager leichter ihren Unterhalt zu verdienen. F. ist nur Bezeichnung für mohammedanische Asketiker (s. Derwisch); die Europäer begreifen aber darunter zuweilen auch die fanatischen Hindu-Sektierer dieser Art und nicht mit Unrecht, weil die Fakire am zahlreichsten unter den Moslems Hindostans, seltener in Persien etc. vorkommen. „
[Meyers Konversationslexikon, Bibliographisches Institut, 1884-92]

kolorierter Kupferstich: mehrere Inder in diversen Positionen und Schmerz erzeugenden Gerätschaften - 1800
um 1800 – [Carl Bertuch]

Terrakottarelief: hockende Asketen
5. Jh, Kaschmir

Der Begriff Fakir wird auch für heimat- und besitzlos umherwandernde indische Asketen verwendet und für Yogis, die als Sadhus ihre teilweise bizarren Künste vor Publikum demonstrieren, und ebenso für Anhänger des islamischen Sufismus, die Derwische.

Aquarell: Derwisch mit Räuchertopf
um 1860 – [Amedeo Preziosi]

Berufsbezeichnungen

Fakir,  Asket,  Sadhu,  Derwisch

in anderen Sprachen
Arabisch:faqīr, miskīn
Englisch:fakir
Esperanto:fakiro
Französisch:fakir
Friaulisch:fachîr
Griechisch:φακίρης, φακίρισσα…
Italienisch:fachiro
Niederländisch:fakir
Polnisch:fakir
Portugiesisch:faquir
Russisch:факир
Schwedisch:fakir
Spanisch:fquir
Ungarisch:fakir

Berufsgruppe:   Künstler
Berufsfamilie:  Zirkuskünstler
verwandte Berufe:  Bettler, Gaukler, Messerwerfer


Das Leben als Fakir – Askese, Versenkung & Selbstdarstellung

sw Foto: auf Nagelbett halbliegender Fakir in städtischem Umfeld
Hindu auf Nagelb(r)ett – Indien, um 1900
Farbfoto: Holzsandalen mit nach oben gerichteten Nägeln
A pair of Fakir’s Sandals – um 1900

In Europa wurde die Vorstellung von Fakiren besonders geprägt von den Anfang des 20. Jahrhunderts verbreiteten Fotos, auf denen sie liegend, sitzend oder stehend auf Brettern mit großen Eisennägeln gezeigt werden. Das ist jedoch nur eine von vielen Varianten, mit der sie ihre Schmerzunempfindlichkeit und damit den Sieg des Geistes über den Körper verdeutlichen.

Neben den spirituellen Fakiren gibt es heutzutage auch nicht wenige – sich ebenso nennende – Bedürftige und Gaukler, die sich Aberglauben und Sensationslust anderer Menschen zu nutze machen, um mit der Demonstration vermeintlicher Wunder ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
Dschābir ibn Zaid (islamischer Rechtsgelehrter des 7. Jahrhunderts) unterschied in Faqīr, der nicht bettelt, und Miskīn, der das sehr wohl tut.